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www.rhetorik.ch aktuell: (14. Nov, 2008)

Pressekonferenz mit Nasenbluten

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:

Pressekonferenz mit Samuel Schmid: Quelle: 20 Minuten.


DRS Beitrag DRS.
Samuel Schmid bei seiner Pressekonferenz. Nach seiner Rede vor den Medien hat Schmid die SVP scharf kritisiert. Seine Rede wurde emotional, als es um Familie und Gesundheit ging. Die Attacken auf seine Person haben ihm mehr zugesetzt als bisher vermutet. Dieser Eindruck wurde durch ein Nasenbluten von Schmid am Ende der Pressekonferenz verstärkt. Bundesrat Schmid beendet seine Rede mit:

"Ich gehe mit dem Wunsch, dass Demut und Bescheidenheit wieder einen grösseren Stellenwert erhalten mögen. Wenn es immer so gewesen wäre, wäre einiges in den letzten Monaten nicht passiert. Und das gilt nicht nur für die Gesellschaft, das gilt auch für die Politik. Besten Dank."
Wer die beiden Auftritte des Verteidigungsministers vergleicht, stellt fest. Am Mittwoch morgen, bei der kurz und bündigen Rücktrittbekanntgabe, war er kurz und prägnant. Er las die wohlbedachten Worte genau ab - mit guter Pausentechnik. Er Verzichtete weitgehend auf Augenkontakt. Dies war in diesem Fall richtig, weil jedes Wort stimmen musste. Die Gestik fehlte. Seine Hände signalisierten Selbstbeherrschung, Gefasstheit und Zurückhaltung. Der Auftritt wirkte verhalten, Schmid beantwortete keine Fragen und vertröstete die Journalisten auf die Medienkonferenz am Nachmittag. Am Morgen dominierte die Sachlichkeit. Nur beim Thema "Familie und Gesundheit" waren Emotionen zu sehen: Die Hautfarbe rötete sich, die Stimme begann zu scheppern, wurde brüchiger. Die Stimme ist ein Lügendetektor: sie verrät mehr als die Körpersprache. Innerlich war Bundesrat Schmid bei jener Passage bewegt.

Am Nachmittag überraschte Schmids Sensibiliät. So viel Emotinalität konnte man bei Samuel Schmid bisher nur bei Abdankungsfeiern, zum Beispiel nach dem Jungfraudrama sehen. In den meistenInterviews und Medienauftritten wirkte der Verteidigungsminister eher panzerig, defensiv, zurückhaltend, und beherrscht. Seine warme, väterliche Stimme war stets ruhig, sonor und machte den Politiker glaubwürdig. Beim Auftritt am Nachmittag bestätigten mir Kollegen, jetzt sei klar die Gesundheit und die Familie der Hauptgrund für den Rücktritt gestanden. Selbst bei einem sonst so bedachten Berner, der nach jedem Gewitter wie ein Bär sein Fell schütteln konnte, und so allen Unwettern trotzen konnte, war es am Nachmittag auch dieses Thema, das seine Emotionen hoch kommen liess.

Am Mittwochnachmittag hatte er nahe am Wasser gebaut, die Emotionalität dominierte. Nicht nur beim Thema Familie und Gesundheit signalisierten Hautverfärbungen und die noch brüchigere Stimme Signale der Betroffenheit. Bei den Worten, man müsse manchmal auf den Körper hören, schien der Magistrat den Trännen nahe. Der Bär zeigte aber auch seine Krallen und die SVP kriegte einige Kratzer ab. Er wurde deutlich und warf seiner früheren Partei vor, sie habe Parteienkalkül vor Sicherheitsdenken gesetzt. Am Schluss plädierte er für mehr Demut und Beschiedenheit, Ich bin sicher, dass er mit dieser Aussage bei allen Bevölkerungschichten den Nerv getroffen hatte, Den die Worte gelten auch für Bankmanager.

Dieser Auftritt beeindruckte, überzeugte, war echt und glaubwürdig. Schade, dass der Verteidigungsminister nicht schon früher Sachverhalte so proaktiv, so offen, und so emotional ausgesprochen hat. Nach der Clubsendung über die Rücktrittsfrage im Schweizer Fernsehen zum Beispiel hätte Schmid seine Chance noch nutzen können und gemachte Fehler offen und emotional aussprechen können. Leider war dies damals nicht der Fall.

Nun hat er sich endlich befreit. Leider kommt der Befreiungsschlag etwas spät. Er hat zu lange gewartet. Man muss gewiss vorsichtig sein mit generellen Thesen wie "wer schluckt, wer schweigt und Dinge in sich hineinfrisst, der werde krank krank". Doch habe ich persönlich Leute kennen gelernt, die viel einsteckten mussten, auswichen, abtauchten oder sich verschanzten, wenn sie angegriffen wurden. Viele von Ihnen wurden hernach tatsächlich krank. Es ging ihnen an die Nieren, an den Magen oder ans Herz. Es ist gut möglich, dass das Nasenbluten ist nicht nur auf die Blutverdünnungsmittel zurückzuführen ist: Bundesrat Schmid war nicht nur monatelang dem Trommelfeuer der SVP ausgesetzt gewesen. Er stand im Gegenwind in der Medienlandschaft; im VBS wurden Fragezeichen gesetzt. Er und seine Familie mussten viel ertragen.

Schmid mit Triathleten Warum war Samuel Schmid bei der Bevölkerung so beliebt? Bei Krisen (VBS, Jungfraudrama, Bootsunfall in der Kander, Causa Armeechef Nef Fall, usw.) war Samuel Schmid oft auf dünnem Eis. Er machte unbestrittenermassen viele gravierende Kommunikationsfehler. Er sprach, wenn er nicht sprechen sollte und tauchte ab in der Schützengraben, wenn er reden sollte. Er lavierte mit der SP mit der Behauptung, das Hinausschieben der Flugzeugbeschaffung bringe nicht mehr Kosten worauf Boeing dieser Behauptung widersprach. Schmid liess sich einmal mit Missen ablichten, als Angehörige der Armee an der Trauerfeier waren und machte Aussagen, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen.

Dennoch wird Bundesrat Schmid nach diesem Rücktritt imagemässig gewinnen. Er bleibt der Öffentlichkeit nicht mehr als Sesselkleber in Erinnerung. Er wird künftig als Vaterfigur, als standfester Politiker mit Stehvermögen in Erinnerung bleiben. Im Publikum hatte Schmid immer einen Bonus mit seiner warmen sonoren Stimme und seiner väterlichen Art. Ich habe ihn in Magglingen gesehen in einer Herzlichkeit, wie ich sie sonst beim ihm nie gesehen hatte. Ich hatte dort das Gefühl, Sportminister Schmid könne sich in Magglingen sich psychohygienisch sanieren und froh sei, dass er dem Bundeshaus entrinnenen könne.

Jetzt hat sich Samuel Schmid befreit. Imagemässig kann er nur gewinnen. Er bleibt bestimmt in guter Erinnerung. Der Mitleideffekt wird auch noch das Seinige dazu beitragen.



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