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www.rhetorik.ch aktuell: (27. Sep, 2008)

FDP ist eine bekannte Marke

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
"FDP - Die Liberalen" - dies ist der neue Name der FdP, die sich mit den Liberalen zusammengeschlossen haben.

Am Donnerstagmorgen, 25. September, war noch zu befürchten, dass die FDP nach der Fusion mit den Liberalen eine völlig neue Marke kreiert. Der Tagesanzeiger veröffentlichte am 29.8. 08 im Titel eine Uebersicht des möglichen Buchstabenwirrwarrs bei der Namensgebung. An Vorschlägen mangelte es nicht:

- FLP - PLR - LPS oder doch lieber FDP.

Das Ändern einer Marke kann verheerende Folgen haben. Will man die Aenderung in allen Köpfen neu festigen, so bedarf kostspieliger langer Werbekampagnen. Der Wechsel von EMD zu VBS dauerte Jahre und brauchte einen enormen Aufwand, bis das VBS in allen Köpfen verankert war.

Bei einer Marke gilt es deshalb immer, äusserst vorsichtig zu sein mit einem Wechsel. Wir haben es bei der Namenssuche nach der gegraundeten "Swissair" bei der neuen Fluggesellschaft gesehen. Der Name SWISS wurde nach einem langen Prozess sorgfältig geprüft, die Wirkung abgeklärt bis es zur Umsetzung kam. Es kostete sehr viel Geld. Der Name Swiss wurde sehr gut akzeptiert und weckt heute bei den Konsumenten weiderum Assoziationen, wie "Schweizerqualität."

Nun sind die Würfel gefallen und die Freisinnige Partei hat die neue Partei getauft. Sie machte nicht den gleichen Fehler, wie die abtrünnige Berner SVP Gruppe. Dort sollten sich die Parteigründer gegen die SVP deutlich absetzen und wählten vorschnell die Buchstaben BPS. In den Medien wurde der neue Name überall geschrieben. Die neue Partei wurde zur Bürger Partei. Kaum war jedoch diese Neuigkeit verbreitet und von der Bevölkerung wahrgenommen, musste die Partei den Namen wieder wechseln. Die vorschnellen Taufpaten hatten nicht gemerkt, dass die drei Buchstaben bereits vergeben waren. Heute heisst die neue Partei: BDP (Bürgerliche, demokratische Partei). Dieses Hin- und Her verwirrte die Oeffentlichkeit und ich habe festgestellt: Bei Befragungen konnte mir von 20 Personen niemand mehr die richtigen Buchstaben sagen. Wahrnehmungspsychologisch ist dies ein normales Phänomen - wie in der Optik. Zwei ähnliche Bilder - leicht verschoben- führen zu Interferenzen. Am Bildschirm sehen wir dies mir einem Flimmern, wenn jemand ein gestreiftes Hemd trägt (Die Striche sind nahe beisammen). Die Berner haben aus meiner Sicht somit genau das gemacht, was man nicht machen darf. Sie haben ihre neue Marke selbst gestört. Nach meiner Prognose wird die BDP (oder - wie heisst sie schon wieder? BPS oder BSP oder BDS oder doch BDP?) noch lange am der unglücklichen Geburt der neuen Marke zu leiden haben.

Zurück zur FDP: Die Partei war gut beraten, die Bevölkerung nicht weiter zu irritieren. Marken beeinflussen beeinflussen die Menschen. Gute Marken können enorme Summen kosten. Dass der positive Ruf einer Marke die Menschen tatsächlich beeinflussen kann, bestätigt ein Versuch mit Jugendlichen. Zahlreichen Kindern wurden zwei Pommes-Portionen abgegeben. sie wussten nicht, dass beide Portionen aus der gleichen Produktion stammten. Jeder bekam eine halbe Portion in einer neutraler Verpackung und eine Hälfte in der Verpackung von Max Donald (mit dem gelben M). Die Kinder hatten hernach die Pommes zu beurteilen. Das Erstaunliche: 77% der Kinder fanden, jene Pommes, die angeblich von MC Donald stammen, wären wesentlich besser.

Dieser Versuch bestätigt, dass wir uns von einer Marke beeinflussen lassen.

Es ist somit nicht nur wichtig, dass man die Marke einer Partei nicht wechselt. Man muss dafür sorgen, dass die Marke positive Assoziationen auslöst . Und da hat die FDP Probleme. Falls es sich jedoch zeigt, dass die FdP bei der Mehrheit der Bevölkerung zu negative Assoziationen auslöst, könnte man sich doch überlegen, ob nicht ein völlig neuer Name, die Partei aus der leiden Situation retten könnte. Denn: eine schlechte Marke kann negativ beeinflussen. Mit dem Namenwechsel allein sind jedoch alle die vielen Probleme der Partei z.B. die FdP mit den mangelnden Kernaussagen, den fehlenden Leaderpersönlichkeiten noch nicht vom Tisch. Ohne Inhalte, ohne eindeutige Botschaften nützt auch die Namensänderung nichts.

Interview von Michael Brunner mit Marcus Knill im Landboten, in der Thurgauer Zeitung und in den Schaffhauser Nachrichten (Am 26. September publiziert): [PDF]

Die FDP soll nach der Fusion mit den Liberalen in der Deutschschweiz ihren Namen nun doch behalten. Ihr Urteil?

Marcus Knill: Ein kluger Entscheid. Alles andere hätte für sehr grosse Verwirrung gesorgt. FDP ist eine bekannte Marke, die nicht ohne Not aufgegeben werden sollte. Meine favorisierte Lösung wäre FDP plus gewesen. Die Umbenennung des Militärdepartementes von EMD in VBS vor einigen Jahren ist übrigens ein Beispiel dafür, wie schwierig, langwierig und kostspielig eine solche Namensänderung ist.

Allerdings soll FDP nur noch als Leerformel in den Statuten stehen. Das heisst, der Name Freisinnig-Demokratische Partei verschwindet. Ein Problem?

Nein, kurzfristig sicher nicht. Für die Bevölkerung wird die FDP noch für lange Zeit die Partei der Freisinnigen sein. Später kann vielleicht der neue Zusatz #Die Liberalen", statt wie bisher #Wir Liberalen" eine grössere Bedeutung bekommen.

Freisinnig und Freiheit sind aber Begriffe, die zuletzt auch belastet waren. Hätte die FDP da nicht die Chance gehabt, kommunikativen Balast abzuwerfen?

Marcus Knill: Tatsächlich tönt heute Freiheit für viele danach, dass einfach jeder machen kann was er will, auch wenn er andere schädigt. Verschiedene Vorkommnisse, vom Swissair-Grounding über die schwierige Strommarktliberalisierung bis zur Bankenkrise, haben da ihre Spuren hinterlassen. Trotzdem bleibt der Begriff Freiheit auch etwas Positives, das die FDP nicht aufgeben sollte. Zudem: Der Begriff Liberal meint ja das selbe und wird von den Leuten auch so verstanden.

Ursprünglich sollte die neu fusionierte Partei FLP, Freisinnig Liberale Partei, heissen. War das mehr als ein Versuchsballon, um Aufmerksamkeit zu erhaschen?

Marcus Knill: Vielleicht war es tatsächlich nur ein Versuchsballon. Allerdings ging die FDP dabei ungeschickt vor. Klar kann eine Partei so schlaglichtartig Aufmerksamkeit erlangen. Und ich würde sagen, das ist der FDP mit ihrer Diskussion um den neuen Parteinamen auch tatsächlich gelungen. Aber dahinter muss dann eine klare Botschaft kommen, die von guten Köpfen rübergebracht wird. Der FDP fehlt es zur Zeit sowohl an klaren Botschaften wie an guten Köpfen.

Eine andere Partei musste einen neuen Namen kreieren, weil sie selber neu ist. Die Bürgerlichdemokratische Partei BDP. Wie beurteilen Sie die Lancierung dieses Produkts?

Da lief nun wirklich alles schief, was schief laufen konnte. Besonders schlimm war, dass sich die Partei zunächst in der Öffentlichkeit bereits als Bürgerliche Partei Schweiz (BPS) präsentiert hatte - und sich dann wegen einem Streit um die Namensrechte umbenennen musste. Ich bin überzeugt, die meisten Menschen in diesem Land können mit dem Kürzel BDP noch nichts anfangen.

Michael Brunner Bundeshauskorrespondent Landbote / Thurgauer Zeitung (Die Nordostschweiz)

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