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www.rhetorik.ch aktuell: (25. Jul, 2008)

Schweiz-Libyen Krise

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Die Auseinandersetzung mit Libyen eskaliert. Die Schweiz kommt unter Druck. Weil ein Familienmitglied von Gaddafi verhaftet wurde, wurden zwei Schweizer als Geiseln genommen und soeben wird der Oelhahn abgestellt. Es kam zur Krise Die Schweiz kann nicht nachgeben doch ist Libyen der zweitgrösste Oeliferant. Wie wird sich die Schweizer Regierung in dieser Krisensituation verhalten?



News.ch
Der "Tagi": "Auf dem Weg zu einer Krise" Die Lage der beiden Schweizer "Gefangenen" in Libyen hat sich heute verschärft. Sie wurden offiziell angeklagt und in provisorische Untersuchungshaft gesetzt. Das EDA äusserte grosse Sorge. Dort müssen die beiden Schweizer sie eine kleine Zelle mit 20 anderen Gefangenen teilen. Ihre Lage sei "sehr schwierig"; die hygienischen Zustände in der Zelle beklagenswert, sagte der Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Abend vor den Medien in Bern, Jean-Philippe Jeannerat. Die beiden Männer würden behandelt, wie in Libyen illegale Immigranten behandelt würden. Die provisorische Untersuchungsghaft könne 20 Tage dauern. Sie waren am vergangenen Samstag verhaftet worden. Noch gestern hatte Jeannerat die Hoffnung geäussert, dass die beiden Menschen heute oder morgen frei kommen könnten. Denn sie waren lediglich wegen "administrativer Probleme" in einer Polizeistation festgehalten worden. Dieser Gewahrsam dauert nach libyschen Recht maximal sechs Tage. Grosse Besorgnis im EDA Gefragt, ob angesichts der Verschärfung der Lage der Schweizer und Drohungen eines Ölboykotts der Schweiz durch Libyen die Beziehungen zwischen beiden Ländern nun in einer "Krise" seien, sagte Jeannerat man "sei auf dem Weg zu einer Krise". Gestern hatte das EDA dieses Wort noch vermeiden wollen und stattdessen von einer "ernsten Lage" gesprochen. Zu einem möglichen Ölboykott Libyens gegen die Schweiz sagte der Vize-Direktor des Staatssekretariat (SECO) für Wirtschaft, Eric Scheidegger, man könne einen solchen Boykott "nicht formell bestätigen". Die Schweiz sei nicht offiziell über einen Lieferstopp informiert worden.

Der Blick:




Gaddafi wird nicht nachgeben. Für ihn ist es eine Frechheit, wenn ein Verwandter seiner Familie nicht volle Immunität hat. Einmal fuhr sein Sohn mit 180 km in der Stadt Genf. Gaddafi will nur eines: Feilassung - Entschuldigung. Doch die Schweiz darf sich nicht erpressen lassen.


Nachtrag vom 28. Juli: :
Quelle Sonntag.ch: Im Moment gibt es drei Szenarien zur Bewältigung der Libyen-Krise, wie verlässliche Quellen zeigen. Bis zum 1. August sollte klar werden, ob eine schnelle Lösung möglich wird.
  • Szenario "bester Fall": Die Krise ist bereits am Freitag überwunden. Nach dem 1. August regeln die Schweiz und Libyen nachgelagerte Details gemeinsam. Ein Szenario, das als nicht ausgeschlossen gilt - und auf das gewisse Zeichen hindeuten.
  • Szenario "Deeskalation": Am 1. August kann Aussenministerin Micheline Calmy-Rey verkünden, die Schweiz sei auf guten Wegen zu einer Lösung mit Libyen. Auch dieses Szenario erscheint zurzeit realistisch.
  • Szenario "Worst Case": Die Krise verschlimmert sich und dauert an. Das Aussendepartement (EDA) muss zusätzliches Personal beiziehen und neue Massnahmen erwägen. Ein Szenario, das eher im Hintergrund steht.
Vieles deutet darauf hin, dass Staatschef Muammar Gaddafi persönlich hinter der Aktion gegen die Schweiz steht, die mit der Verhaftung seines Sohns Hannibal zusammenhängt. Unklar ist, inwieweit Gaddaffi die Aktion operativ eigenhändig führt.

Die Schweiz hat bisher keinen direkten Kontakt zum libyschen Staatschef. Man weiss nicht einmal, wo sich dieser aufhält. Dennoch kann Daniel von Muralt, Botschafter in Tripolis, Gaddafi Nachrichten zukommen lassen - via libysches Aussenministerium.

In der Schweizer Verwaltung weiss man sehr genau, dass man es mit einem cleveren, mit allen Wassern gewaschenen Staatschef zu tun hat, der manchmal kühne Aktionen durchzieht. Immerhin hält sich Gaddafi seit bald 40 Jahren an der Macht - trotz Bombardierungen durch die USA oder dem Lockerbie-Kompromiss. Berechenbar ist er nur in einem: in seiner Unberechenbarkeit. Von Muralt arbeitet zurzeit praktisch rund um die Uhr.


In dieser Krisensituation wurde bisher bedacht kommuniziert. Es gab keine Vermutungen oder Andeutungen und das EDA verbreitete in dieser heiklen Situation keine widersprüchlichen Botschaften. Bis jetzt scheint die Kommunikation koordiniert und geführt. Während der geheimen Gespräche wäre eine Teilinformation falsch. Wichtig ist in dieser Situation lediglich zu sagen, warum man nichts sagen darf.


Nachtrag vom 31. Juli: Chronologie der Libyen Krise: Chronologie der Libyen-Krise Die Festnahme des Gaddafi-Sohnes Hannibal und seiner Frau in Genf vor zwei Wochen sowie die libyschen Gegen-Massnahmen haben zu einer Krise zwischen der Schweiz un Libyen geführt. Hier die wichtigsten Etappen: (Quelle Tagesschau)
15. Juli: Motassim Bilal ("Hannibal") Gaddafi, ein Sohn des libyschen
Staatschefs, und seine schwangere Frau Aline werden im Genfer
Hotel Président Wilson festgenommen. Sie sollen zwei ihrer
Hausangestellten verprügelt haben, was sie aber abstreiten.

17. Juli: Hannibal Gaddafi und seine Ehefrau werden in Genf nach zwei
Nächten gegen Kaution von einer halben Million Franken aus der
Polizeihaft entlassen. Sie sind wegen einfacher Körperverletzung,
Drohung sowie Nötigung zweier Hausangestellter angeklagt.

19. Juli: In Libyen werden zwei Schweizer festgenommen, darunter
ein Mitarbeiter des Industriekonzerns ABB - dies wegen angeblicher
Verstösse gegen Einwanderungs- und andere Gesetze. Die ABB und andere
Unternehmen müssen ihre Büros schliessen. Die Fluggesellschaft
Swiss muss auf Aufforderung Libyens ihre Verbindungen nach Tripolis
einschränken.

22. Juli: Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, die wegen der Affäre
ihre Ferien abbricht, protestiert in einem Telefongespräch mit
ihrem libyschen Amtskollegen Abderraham Shalgan gegen die Massnahmen.

23. Juli: Libyen droht mit dem Stopp von Öllieferungen in die
Schweiz.  Vor der Schweizer Botschaft in Tripolis demonstrieren rund
200 Anhänger von Staatschef Gaddafi. Bern richtet eine Taskforce
ein und entsendet eine diplomatische Delegation nach Libyen. Das EDA
rät Schweizer Bürgern von Reisen nach Libyen ab.

25. Juli: Das EDA spricht von einer "Krise" in den Beziehungen
Schweiz-Libyen. Die vom Schweizer Botschafter Pierre Helg geleitete
Delegation kehrt nach Gesprächen mit "hohen Verantwortlichen" in
Tripolis in die Schweiz zurück. Frankreich und Italien bieten ihre
Vermittlung an.

26. Juli: Libyen verlangt eine Entschuldigung der Schweiz für die
Festnahme und eine Einstellung des Verfahrens gegen den Gaddafi-Sohn
und dessen Frau.  Die Schweiz lehnt dies ab. Bundespräsident Pascal
Couchepin erklärt gegenüber dem "Blick", dass er ein Treffen
mit Staatschef Gaddafi nicht ausschliesse.

28. Juli: Die Schweiz und Libyen verhandeln in der Affäre Gaddafi
direkt miteinander und greifen nicht auf die Hilfe von Drittstaaten
zurück, wie EDA-Sprecher Jean-Philippe Jeannerat bekannt gibt.

29. Juli: Die beiden seit 19. Juli in Libyen inhaftierten Schweizer werden
gegen Kaution freigelassen. Sie dürfen Libyen aber nicht verlassen.
Libyen rät seinen Bürgern von Reisen in die Schweiz ab, um
schlechte Erfahrungen mit den Schweizer Justizbehörden zu vermeiden.
Heute war zu erfahren dass für die Geiseln ein paar Tausend Franken bezahlt worden sei. Ob dies das einzige Entgegenkommen ist, steht immer noch in den Sternen. Micheline Calmy-Rey hat in diesem Fall demonstriert, dass es bei Verhandlungen keine offene Diplomatie gibt. Verhandlungen müssen geheim geführt werden. Experten waren erstaunt, dass der beleidigte Machthaber in Libyen eingelenkt hatte. Die Vermutung, dass nicht nur Geld angeboten worden war, ist nachvollziehbar. Wenn Informationen nicht offen gelegt werden können kommt es zwangsläufig zu Gerüchten. Das ADA darf darauf nicht eingehen.



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