Dass Christoph Blochers Akzeptanz nachlässt, ist
offensichtlich.
Es steht im nicht nur seine Persönlichkeitsstruktur im Weg,
nach der Abwahl folgte ein sturer, verbitterter, unnachgiebiger Blocher-
SVP-Kurs, der nun auch in den eigenen Reihen nicht mehr goutiert wird.
Das Verhalten des sonderbaren Bruders "Gerhard" unterstreicht die
missionarische Seite der Gebrüder Blocher. Christoph hätte
sich längst von seinem Bruder Gerhard unmissverständlich
distanzieren müssen.
Christoph Blocher könnte nämlich demnächst zur Hypothek
der Partei werden. Dann stellt sich die Frage, ob Blocher nicht -
schneller als vorgesehen - das Feld räumen sollte.
Der letzte Sonntag war der grösste Misserfolg des selbstherrlichen
Politikers. Nach Polit-Kenner Iwan Rickenbacher folgt
spätestens bei der
Personenfreizügigkeitsfrage, Blochers Nagelprobe hinsichtlich
Überleben auf dem politischen Parkett.
Die Weichen könnten demnächst gestellt werden. Dies ist dann
der Fall,
wenn die SVP Christoph Blocher die Spaltung, und damit die
Schwächung
der Partei verdanken darf.
Der Rauswurf aus dem Bundesrat bei Blochers nicht ohne Spuren über
die Bühne gegangen. Parteifreunde Blochers attestierten mir nach
der Arenaanalyse
im Sonntagsblick, Blocher habe nicht nur in der Arena
fahriger und älter gewirkt. Auch in Meetings wirke er
müder als früher und ergreife zu jedem Geschäft das Wort.
Die Voten seien auch dort viel zu lang. Dieses uferlose Reden nerve.
Er wiederhole sich meist und verheddere sich, suche zu oft nach Worten
und
Namen. Laut Tagesanzeiger vom 5. Juni soll ein SVP Mitglied sogar gesagt
haben:
"Manchmal wird Blocher richtig kindisch. Ich hoffe, es kommt nicht so
heraus, wie bei seinem Bruder!"
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Das Alpha-Tier Christoph Blocher hat Mühe, ins zweite Glied
zurückzutreten.
In der Partei steht heute Toni Brunner vor ihm, was ein weiteres
Spannungsfeld produziert. Im Bundesrat hat Blocher gar keine Nummer
mehr.
Dennoch reisst er alles an sich und vergisst, dass er jetzt auch dem
Generalsekretariat nicht mehr drein reden sollte.
Vom "espace.ch" vom 6. Juni:
"Nach der Schlappe an der Urne vom Wochenende bröckelt der Mythos
Christoph Blocher immer stärker.
Anfang Woche wandten sich verschiedene liberale Berner SVP-Politikern
von der SVP Schweiz angewidert ab und damit auch von Blochers
massgeblich
mitgeprägtem Umgang mit den eigenen Leuten. Den zweiten Nadelstich
setzte der Thurgauer SVP-Nationalrat Peter Spuhler am Mittwoch. Blocher
könnte für die Partei zur Hypothek werden, sagte Spuhler
in einem Zeitungsinterview. Der Aargauer Nationalrat Luzi Stamm
bestätigte, dass parteiintern die Ablösung Blochers diskutiert
werde.
Und nun beginnen auch im Dossier Personenfreizügigkeit
SVP-Parlamentarier den Vorgaben Blochers den Rücken zu
kehren. Dieser will die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf
Rumänien und Bulgarien vom Steuerstreit mit der EU abhängig
machen. Gelinge dies nicht, was absehbar ist, müsse die SVP das
Referendum ergreifen. Spuhler geisselte schon im Januar dieses Vorgehen
als gefährlich. Der Thurgauer bestätigte gestern auf Anfrage,
dass er die Ausdehnung unterstützen werde. Und es werden immer
mehr,
welche dem Wirtschaftsflügel der SVP Folge leisten wollen. "Gerade
nach der Niederlage bei der Einbürgerungsinitiative mehren sich
die Stimmen, die einen solch schwierig zu gewinnenden Abstimmungskampf
in Frage stellen", betont der Luzerner Nationalrat Felix Müri auf
Anfrage. Er schätzt, dass diese Gruppe 10 bis 15
eidgenössische
Parlamentarier umfasst.
Blocher mache immer öfters einen fahrigen Eindruck, wissen
verschiedene SVP-Politiker hinter vorgehaltener Hand zu berichten. Auch
von missverständlichen Telefonaten des Zürchers erzählen
SVP-Parlamentarier. Dieser zwiespältige Eindruck des alt
Bundesrates deckt sich ebenfalls mit den Beobachtungen von seinen
zahlreichen Auftritten zur Einbürgerungsinitiative und seinen wenig
geglückten Voten bei der "Arena"-Sendung. "
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In den Medien scheint Blocher - ungeachtet der negativen
Verhaltensweisen
- noch nichts an Attraktivität eingebüsst zu haben. Radio
DRS interviewt ihm in der Samstagrundschau vom 7. Juni. Alle reden
von ihm. Der abgewählte Bundesrat stellte sich diese Woche einer
erstaunlich kritischen Befragung in der jüngsten "Weltwoche".
Solange
Blocher Einschaltquoten bringt, müssen wir trotz der rhetorischen
Mängel mit seiner Medienpräsenz rechnen. So lange wird er
jedenfalls auf der Politbühne eine Rolle spielen.
Blocher bleibt so oder so ein Phänomen. Alle, die sich mit Rhetorik
oder Medienrhetorik auseinandersetzten, kamen während vieler Jahre
in Diskussionen oder in Seminaren zwangsläufig einmal auf Blocher
zu sprechen. Sei es im positiven oder negativen Sinn. Auch dann,
wenn er von der politischen Buhne abtreten würde, wird er noch
lange ein Thema sein.
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