In der Sendung "Nachtcafé" vom 22.3.08 bei der es um den ewigen
Kampf das Abnehmens ging, fragte Moderator Wieland Backes den Gast
Iris Paul-Feussner, die ihren Magen verkleinern liess und um 100 Kilogramm abgenommen
hatte:
"Ist der Hang zum Uebergewicht genetisch bedingt? Ob man sehr schlank
ist oder ob man andere Dimensionen annimmt. Wie sehen Sie sich
selber? Ist es ein Folge der Gene, dass Sie aus allen Nähten geplatzt
sind?"
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Obwohl Wieland Backes das Gespäch mit einer Fragekette
eröffnete, brachte er die Frau zum Reden. Die Frau zeigte ihr altes
Kleidungsstück von der Grösse 94 als sie noch 170 Kilogramm gewogen
hatte. Das Gespräch kam in Fahrt. Die gut gewählten Teilnehmer
bereicherten innert weniger Minuten den Dialog. von Olaf Adam
war zu erfahren, dass es jeder schaffen könnte, abzunehmen. Sein
Rezept: Die KFZ Diät. Es ist eine Kombination von Kohlenhydraten,
Fett und Zwischenmahlzeiten. Dorothee Schumacher, eine Modeschöpferin
erzählte hierauf, dass sie sich mit einem Personaltrainer
Erfolg habe und Gisela Enders machte sich dafür stark, dass Dicke
lediglich ihren Körper akzeptieren sollen. Ich zappte nicht weg und
verfolgte das Gespräch. Backes verstand es, die gegensätzlichen
Sichten zu bündeln und der Zuschauer fühlte, dass er gewisse
konkreten Erkenntnisse auch für sich umsetzen konnte. Es war kein
oberflächlicher Small Talk.
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Maybritt Illner ist eine prominente Talkerin.
Wieland erreichte im Jahr 2007 einen Marktanteil von 12.4 Prozent.
Das entspricht 510'000 Zuschauern.
Es gab einzelne "Nachtcafé", die am Freitagabend 17.8 Prozent der Zuschauer
vor das Gerät lockten. Das entspricht einer Million Menschen.
Während die meisten Talkshows schwächeln, glückt Backes
Nachtcafé im Dritten ständig.
Welches sind die Gründe für diesen Erfolg?
- Backes Sofaangebot besteht nicht aus Politikern, die nach
parteipolitischen Kriterien und geschlechterspezifisch korrekt
ausgewählt worden sind, wie bei den Berlinerrunden. Backes fragt
die Akteure nicht ab, wie Will oder Illner, wo das Volk sich inzwischen
ab und zu nur noch auf abseits stehenden Sofas artikulieren kann. Wills
gut gemeinte Absicht "Politik mit der Menschheit zu konfrontieren"
stimmt nicht mehr. Im Grunde genommen ist es eher umgekehrt. In der
deutschen Presse habe ich einmal gelesen, die Berliner Runden wären
gleichsam Phrasendreschmaschinen. Backes hingegen vertieft das Leben -
mit betroffenen Menschen. Wer die Sendungen mitverfolgt, stellt fest:
Gelebte Biografien sind Backes wichtiger als Politiker!
- Seit 25 Jahren moderiert der dienstälteste Moderator des deutschen
Fernsehens. Dass ihm die Fans die Treue halten, ist in erster Linie darauf
zurückzuführen, dass er die Gratwanderung zwischen Diskurs und
Plauderei beherrscht. Barbara Sichtermann schreibt in einem Portrait
über Backes: Das Produkt "Niveau-Talk" besteht bei ihm aus einer
Mischung von Nachdenklichkeit, Gelassenheit und Charme. Tatsächlich
gelingt es dem überzeugenden Moderator, Vertrauen zu vermitteln,
vermischt mit einem trockenen Humor, den wir sonst bei Talks selten
so ausgeprägt erleben. Vielen Moderatoren fehlt der Humor. Auch
bei den Berlinerrunden hat er Seltenheitswert. Humor kann ein Moderator
nicht erwerben. Er kommt von innen.
- Backes gewinnende Art entlockt den Gästen mehr als jede
Moderatoren, die bellen, krächzen oder plump provozieren. Backes
kann von den Gästen viel, oft sehr viel entlocken. Mitunter
schlägt er auch einen härteren Ton an. Jedoch immer taktvoll
und das Gegenüber wertschätzend. Dem sympathischen Nachhaken
verweigert sich kaum einer. Backes ist studierter Chemiker und Doktor der
Geografie. Er darf gewiss als Naturtalent bezeichnet werden. Ich zitiere
"Die Zeit": "Backes macht aus den heterogensten Gruppen entschlossene
Trupps von Wahrheitssuchenden und erzeugt eine Atmosphäre
gemütvoller Streitlust, die irgendwie unwiderstehlich ist."
- Wieland Backes lebt das sogenannte "Harvard-Prinzip". Er behandelt die
Menschen "zart" aber er bleibt dennoch "hart" am Thema. Das heisst,
er ist nur in der Sache "bissig". Alt Kommunarde Rainer Langhals
schrieb einmal: "Mein Gefühl war: So gut bin ich noch nie
behandelt werden." Das heisse jedoch noch lange nicht , dass alles
Harmoniesülze sei und Backes ein Kuschelonkel. Tatsächlich
schätzt es Backes, wenn "Welten aufeinander treffen". Der Moderator
ist aus meiner Sicht ein hervorragender Dompteur.
- Backes kann zuhören, eine Fähigkeit, die leider heute
in den Medien Seltenheitswert hat. Anderseits kann er auch lakonisch
oder ironisch kommentieren und zum richtigen Augenblick gezielt ins
Wort fallen.
Laut Recherchen, soll nur einmal der Regisseur Dieter Wendel beim Thema
"Seitensprünge" aus dem Aufzeichnungsraum im Ludwigsburger Schloss
Solitude gesprungen sein. Zusammenfassend darf gesagt werden:
Als Moderator von "Nachtcafé" hat Wieland Backes unbestrittenermassen
eine gute Hand.
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