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www.rhetorik.ch aktuell: (18. Apr, 2008)

Koebi ohne Geheimrezept

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
SF vom 16. April, 2008
Köbi Kuhn unterschreibt Bälle. Auf die Frage: gibt es Geheimrezepte meint Kuhn:

Ich arbeite nie nach Rezepten. Diese Kochbücher gibt es nicht. Ich schreibe sie immer wieder neu.
10 vor 10 vom 16. April, 2008
Weniger gut gelaunt antwortete Kuhn auf die Frage, ob die Bälle per Kinderarbeit produziert worden sei. Er schob das Mikrophon weg und meinte, er sei am Unterschreiben:


Schauen Sie die Reaktion des Nationaltrainers an, nachdem er mit der Tatsache konfrontiert wird, dass die CS Bälle mit billiger Kinderarbeit hergestellt wurde. Köbi Kuhn sagte wortwörtllich:

"Das ist mir überhaupt nicht bewusst. Ich-äh- habe keine Ahnung. Ich glaube ich bin nicht verantwortlich für das."


Auf die Nachfrage meint er

"Wollen Sie nun bitte das Mikophon wegnehmen. Ich bin am unterschreiben."


Wir haben dies Sequenz verschiedenen Sportlern und Nichtsportlern gezeigt. Das Urteil: Köbi Kuhn will sich nicht festlegen. Er bleibt bewusst ruhig, obschon ihn die Frage zu nerven scheint. Der Ton ist bewusst freundlich, die Stimme klingt aber ungehalten. Es entsteht der Eindruck, dass er sich die Medien - so rasch als möglich- vom Hals halten will.

Für die meisten Zuschauer überzeugt der Nati Trainer bei dieser Sequenz nicht, obschon er keine Aussage macht, die ihm zum Verhängnis werden konnte. Es wurde von einigen Beobachtern vermutete, dass er doch mehr weiss, aber es nicht sagen will. Aus der Sicht der Medienrhetorik in Krisenkommunikationssituationen gilt:

Man darf nicht zwei Dinge gleichzeitig tun. In diesem Fall nicht gleichzeitig "Reden und Unterschreiben".


Bundesrätin Calmy Ray machte auch einmal den gleichen Fehler, als sie auf dem Weg zu ihrer Pressekonferenz von einem Rundschau- Team "überfallen" wurde. Sie marschierte und sprach gleichzeitig, anstatt stehen zu bleiben und nach einer bewussten Denkpause zu sagen: "Sie verstehen, dass der Bundesrat nicht sagen kann über allfällige Zahlungen." Köbi Kuhn hätte ebenfalls eine Pause machen müssen. Wer überrascht wird, muss verlangsamen oder stoppen. Es lohnt sich, sich bewusst "antizyklisch" zu verhalten - nach dem Motto "Taxifahrer fahre langsam - es eilt!". Der Natitrainer hätte somit auf die erste Frage ruhig sagen können:

"Das höre ich zum ersten Mal. Ich bin sicher, dass man den Vorwurf von kompetenter Stelle überprüft. Erkundigen Sie sich bei den zuständigen Stelle, ob der Sachverhalt so zutrifft, wie sie es schildern."


Auf ein Nachhaken:

"Nochmals - ich bin derzeit nicht der richtige Adressat. Ich kann Ihnen leider dazu vorläufig nicht mehr sagen. Gerne nehme ich Stellung, wenn der Sachverhalt von der CS geklärt ist. Darf ich jetzt weiter unterschreiben?"




Fazit: Bei Überraschungen gilt immer: Sich bewusst Denkzeit nehmen: Mit einer langen Denkpause, mit einer Klärungsfrage, mit langsamen Sprechen. Das muss und kann gelernt werden.


Köbi Kuhn hat durch seine ungehaltene Art Punkte verloren.


der ganze 10 vor 10 Beitrag vom 16. April, 2008
Übrigens hätte Köbi Kuhn gar nicht viel zu befürchten gehabt. Der Beitrag grenzt an Sensationsjournalismus: Schauen Sie sich den ganzen "10 vor 10" Beitrag an: die Firma hatte selbst gar keine Kinder angestellt. Die Firma wurde kontrolliert. Was die Journalisten herausgefunden haben ist, dass einige Angestellten die Bälle zu Hause genäht hatten, und in einzelnen Fällen auch Familienmitglieder zur Hilfe beigezogen haben, darunter ihre Kinder. Solche Fälle wären auch in der Schweiz nicht leicht zu kontrollieren.
Wenn in der Schweiz ein Teenager zu Hause den Geschäftslaptop der Mutter ausmistet, beim Mitschneiden eines Fernsehbeitrags des Vaters oder beim Haushalt der Familie mithilft, ist das noch nicht notwendigerweise Kinderarbeit. Dass die Arbeiter in Indien einen so kleinen Lohn bekommen haben, gehört sicher zu einem der grössten sozialen Problemen die wir heute haben. Wären die Löhne höher gewesen, hätte eine andere Firma in einem anderen Land den Zuschlag erhalten. Man kann der "Credit Swiss" kaum den Vorwurf machen, dem billigsten akzeptablen Angebot gefolgt zu sein. Die meisten Konsumenten machen das auch, wenn sie Möbel, Turnschuhe oder Lebensmittel kaufen, die in Drittweltländern produziert werden.

Übrigens hat die CS eine grosse Summe an eine Institution bezahlt, die sich gegen Kinderarbeit einsetzt.


Man darf sich bei Journlistenfragen nie schnell ins Bockshhorn jagen lassen.



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