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www.rhetorik.ch aktuell: (23. Jan, 2008)

Markus Werner zur Authentizitäl

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Stadt und Kanton Schaffhausen ehrten am Sonntag 20. Januar 2008 Markus Werner für sein herausragendes literarisches Schaffen.

Anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums der Schaffhauser Buchwoche wurde ihm in der Rathauslaube für sein literarisches Gesamtwerk den Ehrenpreis von 10'000 Fr überreicht.
Der Schaffhauser Schriftsteller wurde seit 1984 mit zahlreiche Prämien und Preisen ausgezeichnet. Vor der jüngsten Ehrengabe erhielt er zwar früher einmal von den GF einen Preis. Sonst haben ihn jedoch weder Stadt noch Kanton offiziell gehuldigt. Nun wurde dies nachgeholt. Der enorme Andrang (die Rathauslaube platzte aus allen Nähten ) machte mir bewusst, dass man den international bekannten Autor - der Texte zum Klingen bringen kann - lange nicht beachtete. Selbst in Schaffhausen glänzte das Schweizer Fernsehen durch Abwesenheit. Einmal mehr wurde bewusst, dass der Prophet im eigenen Lande wenig zählt. Dies trifft bei Markus Werner ebenfalls zu, der dem Kanton Schaffhausen stets treu geblieben ist. Die Bevölkerung zollte ihm mit einem Grossaufmarsch und einer gelungenen Feier Anerkennung, am Schluss sogar mit einer stehenden Ovation. Der bescheidene, zurückhaltende Markus Werner war sichtlich bewegt. Man weiss, dass er öffentliche Auftritte meidet. wie der Teufel das Weihwasser. Im Januar/ Februar 2007 analysierte ich bereits im Persönlich in der Rubrik "Medienrhetorik" eine Rede, die er anlässlich der Verleihung des Bodensee- Literaturpreises in Überlingen gehalten hatte.


Schon damals war ich beeindruckt von seinen präzisen Aussagen. Auch in Schaffhausen zeigte sich : "Markus Werner kann mit Präzision und Klarheit auch das Unbegreifliche in Worte und Sätze fassenē (Ein Zitat des Laudatio- Redners Klaus Unger). Für mich lohnte sich der Besuch der Feier sehr. Bekannt sind folgende Bücher von ihm: "Zündels Abgang", "Froschnacht", "Die kalte Schulter", "Bis bald", "Festland" "Der ägyptische Heinrich", "Am Hang".

Ich möchte an dieser Stelle weder Werners rhetorisches Können kommentieren , noch die gehaltvolle Laudatio oder die verschiedenen Reden der Politiker. Ich möchte aber auf einige Aussagen hinweisen, die mich während der Feier zum Denken angeregt hatten. "Wer anders sein will als er ist, tut mir leid." Dieser Satz trifft den Nagel auf den Kopf - vor allem für mich als Coach und Kommunikationsberater. In Markus Werners Büchern und anlässlich der wenigen Gespräche mit ihm konnte ich stets erleben, dass er nie etwas anders sein wollte - als sich selbst. Seine Bescheidenheit ist beispielhaft. Vor allem für jene, die darauf bedacht sind, sich ständig ins Schaufenster (Medien) zu stellen. "Leben ist eine Frage der Wortwahl! (*) Unfähigkeit allein zu sein, heisst bei uns, kommunikative Kompetenz.
(*) Nachtrag: Wie uns Markus Werner mittteilt, ist dieser Satz aus seinem Buch eigentlich nur im Kontext verständlich und meint nicht, man müsse sich um einen präzisen Ausdruck bemühen. Es ist hier eher davon die Rede, dass wir das Leben über die Sprache (die Wortwahl) wahrnehmen bzw. so oder so interpretieren können.


Wie recht Markus Werner hat. In den Medien und in der Politik werden Worte all zu oft so lang beschönigt und zurechtgebogen, bis sie dem Zeitgeist entsprechen. Dieses Zitat wurde leider in einem Zeitungsartikel von mir in der redaktionellen Anmerkung fälschlicherweise dem Laudatioredner zugeschrieben. Vielleicht deshalb, weil der Ausspruch in Markus Werners Rede nicht zu finden war. Dieser Satz aus einem zitierten Text von Markus Werner mahnt uns alle, uns um einen präzisen Ausdruck zu bemühen.

Der Schriftsteller selbst überrascht stets durch seine Scharfzüngigkeit, seine Scharfsichtigkeit, seine einfallsreichen Sprache und vor allem durch seinen Humor, der seiner hervorragenden Beobachtungsfähigkeit entspringt.

Am Schluss zog Markus Werner in Schaffhausen das Publikum in seinen Bann. Bei ihm sitzt jedes Wort, die Gedanken sind klar und präzise. Der Satz vom "Propheten, der im eigenen Land wenig zählt" lautete mit seinen Worten:

"Das Hiesige zeigt sich im Hiesigen wenig gewogen, und vor allem die Gewächse der sogenannten Kulturschaffenden gelten im heimatlichen Umfeld gerne als Zwergobst. Sie spüren oft den kühlen Hauch der Aversion, des diffusen Ressentiments, ja der Geringschätzung. Man muss nicht wehleidig und paranoid sein, um davon ein Liedchen singen zu können."


In seiner Ansprache machte Werner klar, dass er aufgrund seiner Vorfahren "schaffhauserischer nicht mehr sein könne", dass er aber wegen seines Geburtsortes oft "nur als Thurgauer" bezeichnet werde. Diese humorvollen Worte quittierte das Publikum mit Schmunzeln und Lachen.

Markus Werner liess unter Anderem durchblicken, dass man schon in der Kantonsschule nicht bereit war, ihm mit einer Teilbeschäftigung entgegenzukommen. Er formulierte die humorvolle Geschichte mit einem Zitat aus dem Schreiben der Behörde: Es gehe nicht an, "dass sich jemand je nach Lust und Laune seiner Verpflichtung entschlage." So als sei jemand der schreibe, auch angeschlagen sein müsse, bewilligte die Behörde den Wunsch des Gesuchstellers nachträglich doch noch. Werner zitierte aus dem Schreiben: "Zwecks Ueberbrückung persönlicher Schwierigkeiten" kommen wir dem Wunsch des Gesuchstellers entgegen." Er wurde später in einem anonymen Brief sogar ermuntert, sich psychiatrisch behandeln zu lassen.

Markus Werner durfte am 20. Januar in Schaffhausen erfahren, dass ein Prophet im eigenen Lande doch - wenngleich spät - etwas zählt. Gewiss brauchte es für ihn eine Portion Ueberwindung, sich für die Huldigung der Oeffentlichkeit zu zeigen. Die meisten Anfragen und Angebote für Lesungen beantwortete der zurückhaltende Autor schon vor Jahren mit kurzen, liebenswürdigen Absagen. Dies habe ich auch einmal als Präsident der Schaffhauser Volkshochschule erfahren.

Es ist beeindruckend, wie Werners Werk einen Kontrapunkt setzt zur heutigen lauten, schnellen Zeit. Er lenkt den Blick aufs Detail. Ich habe einmal gelesen, er "destilliere die Wirklichkeit" und bringe die Leser zum Nachdenken. Das trifft zu. Markus Werner braucht Zeit, viel Zeit bis ein Buch reif ist. Er ist kein Mensch der schnellen Antworten und hat seine Erkenntnisse nie in die Welt geschleudert. Ich zitiere Markus Werner: "Ich schreibe unendlich langsam und immer nur schubweise...Mir fällt tagelang nichts ein." Ich bin überzeugt, der Schaffhauser Schriftsteller ist von der gelungenen Ehrung in Schaffhausen ebenso begeistert, wie das Publikum von seinem Umgang mit den Worten.


Dankesrede von Markus Werner



Laudatio von Klaus Unger

Artikel in der Andelfinger Zeitung

Nachtrag: In "Froschnacht" heisst es "Wer anders sein will, als er ist, der tut mir leid."
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