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www.rhetorik.ch aktuell: (18. Jan, 2008)

Von Petarden und Äpfeln

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Nachdem Blochers Albisgütli Rede gestört wurde, war es interessant zu sehen, wie dieser Vorfall in der Presse wiedergegeben wird. Die Störung wurde von den meisten Journalisten weder bagatellisiert, noch dramatisiert. Vorbildlich war folgender Text in der NZZ Online:


Rauchpetarde in Lüftung : Der alt Bundesrat genoss seine Rede sichtlich, er redete über eine Stunde. Er liess sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als plötzlich das Licht ausging und Rauch auf die Bühne drang. Er rede weiter, sagte Blocher. Ausgelöst wurde der Zwischenfall durch eine Rauchpetarde, die in die Lüftung des Albisgüetli-Saals geworfen wurde, wie im Nachhinein bekannt wurde.


In "20 Minuten"war dazu ein Stimmungsbild zu sehen, mit Blocher, der im Nebel unbeirrt weiterspricht. Darunter stand als Bildlegende:

Schall und Rauch im Albisgütli".


Diese Bemerkung impliziert auf raffinierte Weise, dass auch die Rede Blochers ist Schall und Rauch gewesen. Doch kann dem Texter nichts vorgeworfen werden. Der mehrdeutige Text ist amüsant, raffiniert und zulässig, selbst wenn die negative Wirkung beabsichtigt gewesen war.


Nach der kurzen Aufregung im Saal, stellte man fest, dass sich einige Teilnehmer durch die Störung enorm ärgerten. Eine Frau sagte mir: "Das müssen wir uns alles gefallen lassen. Wo sind wir eigentlich? Soweit sind wir nun auch in der Schweiz. Wir haben die Randalierer schon in Bern erlebt."

Dieser Vorfall macht einmal mehr bewusst, dass der Petardenwerfer Wasser auf die Mühlen der SVP geworfen hat. Der Vorfall wird dafür sorgen, dass dank dem Ruf nach vermehrter Sicherheit die SVP noch mehr Aufwind bekommt. Bereits die Chaoten in Bern im letzten Jahr wurden ohne es zu merkenzu Steigbügelhaltern der SVP. Die Krawalle halfen der SVP.

Apfelwerfer: Unweit von mir (im Bereich der Medienleute) nahm ein Kamerateam vom TeleZüri ein Statement von Markus Gilli auf, der vor der Kulisse des Saales den Anlass hörbar kommentierte. Dies ärgerte angeblich ein SVP Mitglied am nächstgelegenen Gästetisch. Jedenfalls warf der "Genervte" einen Dekorationsapfel gegen die Kamera. Dem nicht genug: Als Markus Gilli ruhig weiterredete, flog ein zweiter Apfel. Glücklicherweise verfehlte der "Medienhasser" auch beim zweiten Schuss sein Ziel.

Auch in diesem Fall war sich der Apfelwerfer kaum bewusst gewesen, dass er mit seinem unbedachten Verhalten der SVP enorm geschadet hatte. Es ist nicht nur ungeschickt, Medienleute gegen sich - in diesem Fall gegen die "SVP Fangemeinde" - aufzubringen. Der Apfelwerfer festigte bei einigen Journalisten das Vorurteil vom sturen, unbeherrschten SVP Fanatiker, für die alle Medienschaffenden ein Feindbild sind.

Souverän reagierte Markus Gilli auf den plötzlichen Apfelangriff: Er beschämte den Apfelwerfer, indem er ihm das biologische Wurfgeschoss freundlich zurückreichte. Ein Journalist raunte mir zu: Das war nicht Tells Geschoss. Tell hätte nämlich auf den Apfel geschossen.



Quintessenz: Demonstrationen von recht oder links sind kontraproduktiv, wenn sie Vorurteile festigen. Schade, dass dieses Phänomen immer noch zu wenig bekannt ist.
Persoenlich Medien News.



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