Für den SP Bundesrat Moritz Leuenberger ist die
Plakatkampagne der
Gewerkschaften "reaktionär". Mit der Kampagne wollten die
Gewerkschaften sagen, dass alle invalid sein könnten. Doch wurden
nur jene bürgerlichen Bundesräte als Behinderte dargestellt, die
sie als Gegner sehen:
Christoph Blocher, Pascal Couchepin und Hans-Rudolf Merz.
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"So wird der Gegner zur Strafe durch Fotomontage verstümmelt.
Das ist reaktionär".
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In seinem ausführlichen Interview in der NZZ am Sonntag beklagt
der amtälteste Bundesrat auch die mangelnde Dialogbereitschaft in
der Schweiz. Es herrsche
"ein medialer Zeitgeist, der jeden diskursiven Beitrag zu einem
Schlachtruf zuspitzt".
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Dies führe zu einem
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"Krawall-Gebrüll statt zu einem erspriesslichen Dialog".
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Deshalb äusserte sich Leuenberger auch nicht öffentlich zur SP
Krise, sonst würde daraus wieder umgehend "ein Knatsch inszeniert".
Kommentar:
Tatsächlich wurden die differenzierten Aussagen Leuenbergers
zum Rentenalter oder zu der Option der Kernkraftwerke - auch die
Gedanken Calmy-Reys, welche in moderater Art über die Botschaften
der eigene Partei nachgedacht hat, nachher dermassen zugespitzt,
dass die ursprüngliche Aussage verfremdet wurde. Bei diesem
Überblendungseffekt tragen nach Leuenberger die Medien viel dazu bei. Es
ist deshalb begreiflich, dass er im NZZ Interview seine Meinung zur SP
Krise nicht mehr öffentlich kund tun wollte. Wir befürchten,
dass seine heutige offene Stellungnahme zur Kampagne mit behinderten
Bundesräten wiederum missbraucht werden könnte, um Leuenberger
zu massregeln. Die Stellungsnahme des Parteipräsidenten
wird uns morgen interessieren. Er wird bestimmt nicht schweigen. Wir
befürchten, dass auch die Gewerkschaft zu dieser neuen Antwort
Leuenbergers wiederum einen Knatsch inszenieren könnte. Das war
auch nach dem Verzicht der SP Bundesräte auf ihre 1. Maireden der
Fall. So wie Hans-Jürg Fehr die Inhalte der Parteibotschaften keinen
Millimeter den Bedürfnissen der Bevölkerung anpassen will, so
werden die Verantwortlichen der "Behinderten Kartenaktion" kaum einsehen,
dass ihre Kampagne kontraproduktiv ist.
Quelle: NZZ am Sonntag vom 6. Mai.
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