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Nach den meist friedlichen Demonstrationen und flammenden Gewerkschaftsreden hat sich in Zürich ein Gewohnheitsrecht etabliert: Jugendliche von nah und fern leben in der Stadt ihre Zerstörungswut aus. Nicht nur dem schwarzen Block sind die Verletzten und die blindwütige Zerstörung zu verdanken. Die unbewilligten gewalttätigen Nachdemonstrationen nach dem offiziellen friedlichen 1.-Mai-Umzug in Zürich haben eine langjährige Tradition. Einmal wird nach den Vorfällen der Polizei vorgeworfen, sie greife zu stark ein und habe durch ihr Eingreifen die Eskalationen mit verschuldet. Dann hiess es wieder: Die Polizei müsste präsenter sein und viel schneller und härter zupacken. Dieses Jahr zerstörten hunderte meist sehr junge Chaoten wiederum alles, was ihnen in den Weg kam. Die Polizei soll bereits mehrere Randalierer festgenommen haben. | |
Zuerst blieb der Zug eher friedlich. Zwar flogen ein paar Steine und Flaschen. Die Polizei hielt sich zurück. Später kehrte der Demonstrationszug wieder zum Ausgangspunkt beim Kanzleischulhaus zurück. Via Megaphone kündigten einzelne Aktivisten an, es werde später schon noch "weitergehen". Nach einer kurzen Pause verteilten sich vermummte Chaoten in Gruppen und begaben sich auf einen "Saubannerzug". Sie zertrümmern Tramhäuschen ebenso wie Scheiben an Geschäftshäusern, stecken Autos und Abfallcontainer in Brand, warfen Steine gegen Polizisten aber auch gegen Journalisten. | |
Kurz nach 15.30 Uhr wurden bei einer BMW-Garage Scheiben eingeworfen, sowie ein unvorsichtigerweise dort parkiertes Auto in Brand gesteckt. Die Garage mit den deutschen Oberklasse-Autos war schon in vergangenen Jahren immer wieder das Ziel von 1.-Mai-Chaoten. Auch eine Filiale der Credit-Suisse am Stauffacher wurde massiv beschädigt. Die blinde Zerstörungswut kannte keine Grenzen. Das am Tag der Arbeit in Zürich traditionelle Katz- und Maus-Spiel zwischen Randalierern und der Polizei gibt zu denken. Die Polizei griff dieses Jahr immer wieder mit Wasserwerfern und Gummischrot ein, doch gelang es ihr meist nur kurzzeitig, die Chaoten zu vertreiben. Worum es den Aktivisten geht, ist nicht klar. Filmaufnahmen vermitteln das Bild blinder Zerstörungswut (Als gelte die Devise: Heute läuft etwas. Heute darf man Scheiben einschlagen). Erste Schätzungen beziffern die entstandenen Schäden eine halbe Million Franken, etwa 100'000 mehr als im im letzten Jahr. | |
Mit dabei waren viele Jugendliche, die - nach der Kleidung zu schliessen - keineswegs zum "Schwarzen Block" zählten. Sie wissen alle: Am 1. Mai läuft etwas. Sie suchen offenbar den Nervenkitzel. Auf dem Zerstörungszug rannten diese jugendlichen Touristen mit, zücken ihre Handys und fotografierten, was die Vermummten zertrümmert hatten. Am Abend können sie dann stolz mit ihrem Werk prahlen, wenn dann die Szenen in den Medien auch noch gezeigt werden und man bei den Kollegen mit den eigenen Erfolgsbildern auch noch prahlen kann. | |
Zur "Nachdemo" aufgerufen hatte wie üblich der "Revolutionäre
Aufbau". Die aufgrund ihrer Kleidung auch "Schwarzer Block" genannt
wird. Es sind Linksautonome. Zum Teil waren schon schon im offiziellen
Umzug mitmarschiert. Es soll bereits Schwerverletzte gegeben haben. Kommentar: Bis diese unerfreuliche Tradition nicht gebrochen werden kann, wird Zürich jedes Jahr am 1. Mai die schwarze Gewaltrhetorik der linksextremen Gruppen auf sich nehmen müssen, so wie am 1. August rund um die Rütlifeier rechtsextreme Gruppen den Ton angeben können. |
Nachtrag vom 2. Mai: Handy Filmer bei Ausschreitungen am 1.
Mai Die Kravalltouristen sind für die Polizei ein Problem. Aus Rücksicht auf die Gaffer musste die Polizei mit Tränengas- oder Gummischroteinsätzen zurückhaltend sein. Davon profitierten die Randalierer. "Dieses Jahr waren während den 1.-Mai-Krawallen besonders viele sensationslustige Handy-Filmer anwesend", sagte Marco Cortesi, Sprecher der Stadtpolizei Zürich. Er schätzt die Zahl auf "zwischen 400 und 500". Nach wenigen Stunden nach den Ausschreitungen in den Zürcher Stadtkreisen 4 und 5 waren die ersten Filmchen auf Youtube zu sehen. "Diese Gaffer stören unsere Arbeit enorm", sagte Cortesi. Sie bieten den "Chaoten" zusätzlichen Schutz und "verkennen den Ernst der Lage". Für sie ist alles nur Event. Möglicherweise kann Zürcher Polizei die bisher elf online verfügbaren Krawall-Filme auswerten. Falls die Bildqualität gut ist, könnten die Aufnahmen bei den nachträglichen Ermittlungen immerhin hilfreich sein. Übrigens: Es hat sich gezeigt, dass ca 75 % der Teilnehmenden nicht aus Zürich waren. Viele reisten auch aus dem Ausland an, um mitzumischeln. Ein Jugendlicher sagte vor dem Mikrofon. Es ist geil, einmal Polizisten Flaschen an den Kopf werfen zu können. |
Nachtrtag vom 4. Mai 2007: Zur Visualisierung der Gewalttaten In der NZZ vom 4. Mai äussert sich Soziologe Patrik Ettinger zur Ästhetisierung der Gewalt. Für ihn lassen sich am 1. Mai heutzutage die Randale wunderbar visualisieren. Dass die Medien über Gewaltexzesse informieren müssen, ist unbestritten. Doch bieten sie damit auch den Chaoten eine Plattform an, sich zu präsentieren und ihr Bedürfnis nach Selbstdarstellung zu befriedigen. Deshalb kommt Ettinger zum Schluss: Die Berichterstattung müsste künftig vermehrt differenzieren. Tatsächlich ist eine 1. Mai Rede für die Medien wenig ansprechend. Hingegen fesseln Gewaltbilder die Aufmerksamkeit der Betrachter und die Medien sind geneigt, diese Aufmerksamkeit auszukosten. Neu haben auch die Handyfilmer erkannt, dass sie mit kurzen Filmen im Internet ebenfalls viel Aufmerksamkeit erhalten können. Gewalt hat schon immer fasziniert. Neu ist jedoch, dass Gewalt zu einem medialen Selektionskriterium geworden ist. Es kommt zu einer Stilisierung und Personalisierung der Gewalt in der Berichterstattung. Die Zerstörungsszenen lassen sich wunderbar generieren und wecken die Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit aber auch für jene, die Gewalt inszenieren. Sie warten oft, bis die Journalisten die Taten filmen. Es ist bekannt, dass es Journalisten gab, die Rechtextreme aufforderten, vor der Kamera zu posieren oder Szenen nachzustellen. Die Gewalttäter warten mitunter auf solche Selbstdarstellungen. Auch Politiker können die Gewaltszenen bewirtschaften. So entsteht eine unheilige Allianz zwischen Gewalttätern, Medien und politischen Akteuren. Ettinger kommt zu Schluss, dass die sich die Medien fragen müssten, wem die Darstellung der Gewalt letztlich dient. Befriedigen die Bilder nur dem Bedürfnis des Voyeurismus? Oder dienen sie der Konfliktstilisierung? Auf der inhaltlichen Ebene braucht es nach Ettinger künftig eine viel differenziertere Berichterstattung. |
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