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Über die Sozialvorsteherin der Stadt Zürich Monika Stocker
gelangten über Wochen Berichte an die Öffentlichkeit. Stocker stand
im Rampenlicht wegen angeblichem Missbrauch von Sozialhilfe.
Die grüne Stadträtin bewies erneut eine erstaunliche
Resistenz in dieser Krisensituation. Sie verstand es, sich nicht nur
durch kommunikatives und medienrhetorisches Geschick gut zu behaupten.
Dank ihres konsequenten Botschaftenmanagements scheint sie nun gegen die
zahlreichen Vorwürfe immunisiert zu sein.
Viele sehen heute die Sozialvorsteherin als Opfer einer bewussten
Kampagne. Andere fragen sich, ob man in der Zürich doch nicht all zu
leicht von Sozialhilfegeldern leben kann und damit für die Bezüger
kein Anreiz mehr besteht, selbst etwas gegen vorhandene Probleme vorzunehmen. Nachfolgend greifen wir ein paar signifikante Sequenzen aus verschiedenen Artikeln Medien heraus, um zu veranschaulichen, wie sie ihre Botschaften konsequent wiederholt und es ihr meist gut gelang, die Anfechtungen schadlos zu überstehen. |
In der Samstagrundschau vom 17. März 07 im DRS mit Patrik Wülser
wiederholte Monika Stocker eine Palette von Kernbotschaften:
Diese Grund-Botschaften oder Standardantworten werden uns im nachfolgenden Protokoll beschäftigen. |
Umsetzen von BotschaftenDie Botschaften werden konsequent umgesetzt (Quelle: NZZ online 17. März): In der Samstagrundschau funktionierte das Botschaftenmanagement hervorragend, Die Antworten wurden zusätzlich mit Zahlen und Beispielen veranschaulicht:
Kommentar: Monika Stocker signalisierte in ihren Erläuterungen Selbstkritik. Einsicht schätzt das Publikum bei Politikern. Doch versprach Stocker lediglich, die Bevölkerung künftig früher und besser zu informieren, um das verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Von Verbesserungen im System keine Spur. Gleichzeitig unterstreicht die gewiefte Medienrhetorikerin stets ihre Erfolge. Die Stadträtin signalisiert zwar Einsicht, Lernbereitschaft und Flexibilität. Als Kämpferin für die Schwachen bleibt sie jedoch hart und kämpft in der Sache unnachgiebig. Aendern will sie lediglich die Informationspolitik - nicht den Modus der Zuwendungen oder die unbefriedigende Kontrolle der bestehenden oder versteckten Missbräuche. |
RückblendeBlenden wir zurück: Dienstag, 6. März 2007. Nachdem in den Medien bereits früher Missstände aufgedeckt wurden, hatten wir Monika Stockers Medienverhalten analysiert:In verschiedenen Beiträgen lobten wir Monika Stocker bei der sogenannten Hotelgeschichte oder dem Fall der fragwürdigen Geldüberweisungen nach Spanien Wir analysierten das Medienverhalten der Zürcher Sozialvorsteherin. Nachdem nun vor wenigen Wochen die Weltwoche mehrere neue Fälle des Sozialmissbrauchs in Zürich publiziert hatte, machte Monika Stocker nun leider genau das, was eine Politikerin nie machen sollte: Sie ging auf die Medien los. (Zur Erinnerung: Dank Sozialhilfe kam eine Familie auf monatlich 5151 Franken, eine sechsköpfige auf 7000.-- und eine weitere über 9100 Franken. Die Anstellung eines Dienstmädchens wurde sogar unterstützt). Anstatt diese Missstände restlos aufzuklären, verweigerte Monika Stocker jegliche Stellungnahme. Sie schickte sogar die Polizei auf die Informanten los. Wurde Monika Stocker schlecht beraten? Dieses Verhalten der erfahrenen Vollblutpolitikerin ist uns unverständlich. Weshalb übernimmt sie die billige Politikermentalität: "Deckel drauf" oder "Geschichte unter Verschluss halten"? Bisher arbeitete sie nie nach dieser Methode. Für uns war vor allem unbegreiflich, dass sich Monika Stocker gemäss Sonntagszeitung vom 4. März gegen die Massnahmen zur Missbrauchsbekämpfung, (beispielsweise mit unangemeldeter Kontrollen), mit allen Mitteln so vehement stemmte. Sogar noch 200'000 Fr für eine Studie in Auftrag gegeben hatte, die beweisen sollte, dass die Sozialhilfe trotz enormer Kosten eigentlich rentiert. Die Medien recherchierten nach der Medienschelte noch intensiver und wurden auch wie zu erwarten war - fündig. Der Tages-Anzeiger publizierte am 10. März einen weiteren Fall von krassem Missbrauch von Sozialhilfegeldern. Obwohl eine Prostituierte im Monat 8000 Fr brutto verdiente, konnte sie von der Sozialhilfe problemlos weitere Fürsorgegelder kassieren. Eine Dominikanerin, die des Drogenschmuggels überführt werden konnte, bezog vor der Verhaftung in einem halben Jahr (bis zur Verhaftung) 18000.-- Fr, wirtschaftliche Sozialhilfe. Monatlich erhielt sie einen Fixbetrag von 1460.-- Fr. Auch Krankenkassen-, Arzt -, Spitalkosten, und die Abklärungen der städtischen Berufsberatung wurden von der Stadt übernommen. Das Sozialgeld hatte sie für sich und ihre Geschwister in der Dominikanischen Republik verwendet. Die Sonntagszeitung vom 11. März doppelte nach. Es kam eine neune Geschichte über Sozialgeldermissbrauch zur Sprache. Die Sonntagszeitung berichtete über die finanzielle Unterstützung einer angeblich dubiosen islamische Extremistengruppe. Monika Stocker änderte nun plötzlich ihr Kommunikationsverhalten und nahm jetzt - in einem gross aufgemachten Interview - offen zu all den Vorwürfen Stellung. Dieses proaktive Verhalten wurde zum Rettungsring der angeschlagenen Sozialvorsteherin
Kommentar: Monika Stocker argumentiert mit Hintergrundinformationen. Sie nennt Gründe, welche ihre vorbereiteten Sandardantworten fassbarer machten. Bei der ersten Frage begründet sie zuerst, weshalb sie das das Informationsleck an die Medien untersuchen musste. Sie behauptet, die Vorwürfe selbst untersucht zu haben. Sie habe keinen Missbrauch feststellen können. Bei den unverständlich hohen Zahlungen nutzt die Sozialvorsteherin folgende Antworttechnik: Ich wasche meine Hände in Unschuld. Sie macht eine geschickte Schuldzuweisung: Nicht ich, sondern die Richtlinien sind an den enorm hohen Beiträgen bei Familien schuld. Die Beträge müssen im Interesse der Kinder in Ausnahmesituationen bezahlt werden. Stockers Weigerung, die Missstände ohne verdeckte Ermittlungen beheben zu wollen, ist für die Öffentlichkeit schlecht nachvollziehbar. Diese unnachgiebige Haltung hatte politische Folgen im Kantonsrat. Es wurde beschlossen, Inspektoren einzusetzen, die versteckt ermitteln dürfen. Denn ohne unangemeldete Hausbesuche ist es nicht möglich, bewusste Missbräuche oder falsche Angaben aufzudecken. Nicht nur die SVP setzte bei dieser Schwachstelle den Hebel an, denn für die Bevölkerung ist unverständlich, wenn Sozialbezüger oder mutmassliche "Sünder" gleichsam mit einer Ankündigung vorgewarnt werden. Monika Stocker verbiss sich in dieser Frage zu stark und fand, unangemeldete Besuche kämen einem Hausfriedensbruch gleich.
Kommentar: Es ist gut, Menschen Vertrauen entgegen zu bringen. Doch bei Missbräuchen ist blindes Vertrauen nicht angebracht. Der Grundsatz, dass generell alle Sozialhilfeempfänger Hilfe brauchen, geht eindeutig zu weit. Vor allem Stockers konsequente Ablehnung unangemeldeter Kontrollen ist nicht nachvollziehbar. Lehnt vielleicht die Grüne Stadträtin die Kontrollen nur deshalb so vehement ab, weil die SVP derartige Kontrolle forderte? Wir vertreten die Meinung: Wie Autofahrer überall unangemeldet kontrolliert werden, so dürften auch Sozialhilfeempfänger mit überraschenden Kontrollen rechnen. Würden im Strassenverkehr alle Kontrollen angekündigt, so hätten wir im Strassenverkehr sicher auch nur vier Prozent Uebertretungen, entsprechend den Missbräuchen beim Zürcher Sozialamt. Trotz wachsenden Druckes überzeugt Monika Stocker vor den MedienIm März verlangte die FDP auch noch eine Untersuchungskommission, damit alle Pannen in der Sozialhilfe eingehend geklärt werden können. Nicht nur der SVP riss anscheinend der Geduldsfaden. Monika Stocker wies bis jetzt alle Kritiken konsequent zurück. Sie blieb hart.Kommentar: Bei allen missbräuchlichen Ausgaben ist die Frage berechtigt, ob man Kontrollen nicht verschärfen sollte. So wie damals nicht alle Armeekritiker die Armee abschaffen wollten, so darf man heute auch nicht allen Politikern, welche auf bestehende Missbäuche hinweisen, unterstellen, sie demontieren den Solidaritätsgedanken oder den Sozialstaat. Wenn Sozialbezüger- der Kinder wegen - mit enormen Kosten in Hotels untergebracht werden und Sozialbezüge bewusst missbraucht werden können, muss dann der Souverän die aufgedeckten vermeidbaren Missbäuche einfach als gegeben hinnehmen? Wir wirkt die Sozialdirektorin in der Öffentlichkeit? Im Fall Stocker ist es interessant, wie in Leserbriefen Monika Stocker auf der einen Seite für ihre Standfestigkeit, ihre Klarheit und ihr Engagement gelobt und ihre sozialen Verantwortung und Professionalität respektiert wird. Anderseits wird aber das Verhalten der Zürcher Sozialministerin vielfach als arrogant und selbstherrlich gebrandmarkt. Wir sehen: Monika Stocker ist tatsächlich krisenerprobt und heute vielleicht sogar krisenresistent. Wurde die grüne Politikerin lang als zu gutmenschig beurteilt, die sich all zu leicht von Sozialbezügern über den Tisch ziehen lasse, erkennen wir nun eine unübersehbare Hartnäckigkeit, wenn es um ihr Amt geht. Sie weiss, was sie will. Aus meiner Sicht muss sie besorgt sein, nicht berufblind zu werden und aufpassen, dass die Hartnäckigkeit nicht zur Sturheit mutiert.
Kommentar: Der Kantonsrat beschloss, Sozialinspektoren einzusetzen, die verdeckt ermitteln können. Monika Stocker wurden diese verdeckten Kontrollen aufgezwungen. Sie argumentiert jetzt so, als habe sie diese Inspektoren gewünscht. Dabei wurden sie aufgezwungen. Die Antwort Stockers ist eine geschickte Verneblung. Sie lügt nicht. Aber: Wer die Vorgeschichte im Protokoll gelesen hat, weiss, dass Monika Stocker jegliche versteckten Kontrollen und unangemeldeten Hausbesuche stets strikt abgelehnt hatte. Auch die folgende Antwort macht dies deutlich: Wir haben mehrere Kontrollmechanismen und verstärken nun mit den Sozialinspektoren, die auch verdeckt ermitteln können. Hausbesuche sind für uns ein Instrument der Sozialarbeit (Monika Stocker erwähnt auch in dieser Antwort mit keinem Wort, dass für sie Inspektoren unerwünscht sind. Es sieht nun so aus, als hätte die Vorsteherin des Sozialamtes diese neuen Inspektoren als zusätzliche Kontrolleure gewünscht). Ein Teilnehmer gibt sich mit dieser Antwort nicht zufrieden und doppelt nach. Er thematisiert nochmals den offenkundigen Widerstand der Sozialvorsteherin - gegen diese verdeckten Kontrollen. Beim Einwand: Kontrollen haben nichts mit Hausfriedenbruch zu tun! lernen wir Stocker als geschickte Dialektikerin kennen. Die Antwort - auf diesen Vorwurf macht dies deutlich: Wir haben im Bericht zur Verstärkung der Missbrauchsbekämpfung den Hausbesuch als Instrument der Sozialarbeit taxiert und nicht als Aufgabe der Sozialinspektoren. Diese werden verdeckt ermitteln; die Evaluation wird zeigen, ob da Korrekturen nötig sind. Stockers Antwort ist eine geschickte Hinhaltetaktik: Wir werden schauen, ob Korrekturen nötig sind ist! Diese ausweichende Antwort sagt implizit aus: Wir werden dann später sehen, was gemacht werden soll. Die Sozialarbeiter werden weiterhin ihre Hausbesuche machen (nach Stockers Philosophie wohlverstanden: Nur als angemeldete Besuche). Lediglich die neuen Inspektoren werden verdeckt ermitteln. Die konkrete Antwort auf die Frage, weshalb Monika Stocker früher gegen unangemeldete Kontrollen war, wird ebenfalls vernebelt. Beim Vorwurf, im Sozialamt würde mit Steuergelder leichtfertig umgegangen, nutzt Monika Stocker einmal mehr eine ihrer bewährten Grund-Botschaften: Der ganz Wirbel ist nur eine Kampagne! Sie antwortet kurz und bündig (gemäss Argumentationsliste): Ja, die Kampagne ist darauf angelegt. Die Offensive im CLUBAuch im Fernsehen (SF Club) vom 20. März stellte sich Monika Stocker kritischen Fragen. Wiederum gelingt es ihr, ihre die antizipierten Grund-Botschaften zu platzieren. Dank der bewährten und kompetenten Moderation von Christine Maier konnte die sonst so ausdruckstarke Rhetorikerin nicht immer so leicht ausweichen und zeigte sogar wenige Male nonverbale Anzeichen von Ungehaltenheit oder von Schwäche (Augen, Mimik, Stimme). Vor allem wenn mit Fakten belegt werden konnte dass die Standardantwort "Es stimmt nicht" auch nicht stimmte. Nur einmal hatte sie einen kleineren Ausbruch, sonst hatte sich die engagierte, energiegeladene, formulierungsgewandte Politikerin sehr gut in der Gewalt. Sie konnte sich erneut auf ihre Botschaften verlassen, die sie im Kopf hatte:Mein Fehler war, dass ich enorme Arbeit nicht an die grosse Glocke hänge. Wir kontrollieren im Stillen und haben die Mängel selbst entdeckt. Es gibt Politiker, die wollen den Sozialstaat schwächen. Dies ist ein Angriff auf die Solidarität. Die Medienberichte haben eine Prangerfunktion. Man zielt bewusst auf meine Person, statt auf das Übel. Hier bedient sich Sozialvorsteherin einer geschickten Analogie: Sie vergleicht das Sozialamt mit Denner und erklärte: Das wäre genau gleich, wie wenn man bei Denner auf den Chef los geht, falls die Leute im Laden stehlen. Bei den Missbräuchen wird aber beim Sozialamt diese Methode angewendet. Als Monika Stocker auch im Club ihre Antwortschablone "Stimmt nicht" zückte - es wurde ihr vorgeworfen, sie habe erst auf Druck hin gehandelt - da konterte Tauro Tuera mit dem Sozialbezugmissbrauch der Prostituierten. Angeblich ist dieser Fall nicht vom Sozialamt entdeckt worden, sondern der Ball kam erst ins Rollen, nachdem die Polizeimeldung den Misstand aufgedeckt hatte. Monika Stocker konnte auch dort nicht mehr widersprechen, als Fälle genannt wurden, bei denen das Sozialamt ausgetrickst wurde. Sie gab zwar unumwunden zu, dass es immer Leute gebe, die falsche Angaben machen. Sie ging einmal mehr von ihrer These davon aus, dass der Mensch, der in Not ist, nicht betrügen wolle. Kommentar: Obschon die Stadträtin in Sachfrageen knallhart blieb, zeigte sie in dieser Sendung immerhin Einsicht und gab sogar Fehler zu. So wie sie die Haltung den Medien gegenüber noch rechtzeitig geändert hatte, wurde ihre Uneinsichtigkeit im Fernsehen etwas aufgelöst. Etwas spät zwar, aber wahrscheinlich noch nicht zu spät. Reaktion der WeltwocheDie Weltwoche war es, welche die neuen Missstände im Sozialamt vor Wochen ans Tagelicht gebracht hatte. Nicht zur Freude der Sozialministerin. Sie rächte sich hernach. Jedenfalls verweigerte sie nach der Offenlegung der Missstände in der Weltwoche jegliche Interviews (Selbstverständlich mit der einleuchtenden Begründung, dass man während der Phase von Ermittlungen keine Interview geben darf). Auch in diesem Fall rechneten wir mit einer Reaktion der Weltwoche.
Auch den Sachverhalt bei der Unterstützung der islamischen Gruppierung verschleierte Stocker: Sie log nicht, als sie sagte, es treffe nicht zu, dass das Sozialamt der umstrittenen Organisation bezahlt hat. Die Stadträtin klammert einfach aus, dass das Sozialamt den Lohn des Verbandsekretärs dieser Organisation Geld bezahlt hatte, was einer indirekten Zahlung entsprach. Kommentar: Der Weltwocheartikel wird Monika Stocker kaum den Kopf kosten, Aber das lange Protokoll macht uns bewusst, dass wir beim Botschaftenmanagement jede Antwort stets sorgfältig bedenken müssen und uns immer gut überlegen sollten, ob wir in einer Krise eine Zeitschrift vor den Kopf stossen wollen.
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