Maurer: Wir haben bald Zustände wie in der DDR!
Sonntagsblick 18.03.2007
SVP-Präsident Ueli Maurer hat mit einem Satz
"Es ist schlecht, wenn Mütter arbeiten und sich der Staat um die
Kinder kümmern soll"
einen Streit vorprogrammiert.
SVP-Präsident Ueli Maurer sagte im Interview des "SonntagsBlicks",
er stelle eine zunehmende Verwahrlosung bei Kindern und Jugendlichen
fest. Die Ursachen dafür sehe er unter anderem darin, dass immer
mehr Kinder:
"in ungeordneten Verhältnissen aufwachsen und ihnen
die Nestwärme fehlt".
Maurer findet es schlimm, wenn Mütter ihre Kinder in Krippen abgeben
und sich dem Job widmen:
"Die Devise laute, Kinder weg, wann immer es geht. Wir haben bald
Zustände wie in der DDR!"
so Maurer. Diese Aussagen ist natürlich eine Provokation für alle Frauen, die
arbeiten, und sich nicht den ganzen Tag den Kindern widmen können. Die Provokation
erinnert an das Buch der deutschen TV Moderatorin Eva Herman, die jüngst
"Frauen zurück an den Herd!" forderte und damit in Deutschland eine hitzige Debatte
auslöste. Die Erwerbsquote von Frauen in der Schweiz liegt mit 74 Prozent im
Europa-Vergleich hoch. Rund 1.8 Millionen Frauen in der Schweiz sind erwerbstätig.
In Deutschland will man den erwerbstätigen Frauen gezielt unter
die Arme greifen, indem viel mehr Krippenplätze geschaffen werden
sollen, um vermehrt Frauen in der Wirtschaft beschäftigen zu
können. Diese Massnahme ist in Deutschland nicht zuletzt deshalb
umstritten, weil dadurch einmal mehr die Hausfrauen schlechter wegkommen,
als Frauen, die ausser Haus arbeiten. Auch in der Schweiz will die SP
dafür sorgen, dass es mehr Krippenplätze gibt. Vielleicht ist
Maurers Angriff im Wahljahr als Angriff auf die SP zu werten.
Dass Kinder Geborgenheit, Nestwärme und eine Konstanz hinsichtlich
Bezugspersonen benötigen, ist unbestritten. Es geht oft nur um
die Frage, wer die Betreuung auf sich nehmen soll: Die Familie oder der
Staat?
Ausschnitt aus der Komödie "Meet the Fockers" (2004):
Robert De Niro als Jack Byrnes und Blythe Danner als Dina Byrnes spielen die Eltern
der Braut Dustin Hofmann als Bernie Focker und Barbra Steisand als Rozalin Focker spielen die
Eltern des Bräutigams. Bernie bringt das Essen. Jack meint, dass es erstaunlich ist, dass
er bei seiner Juristenkarriere so viel Zeit zum Kochen hatte.
Bernie meint, dass er seine Juristenkarriere
aufgegeben hat, um Hausmann zu werden. Jack Byrnes: "Das heisst: er hatte keinen Job".
Seine Frau: "Na also, Bernie, Du solltest sagen, er hatte den schwierigsten Job".
Bei der Frage: "Hausfrau oder auswärtige bezahle
Tätigkeit?" besteht immer noch ein Glaubenskrieg, der meist in den
Medien ausgetragen wird. Die eine Seite findet: Kind und Karriere ist
ein Muss! Die andere Seite unterstreicht wie Maurer: Kind und Kinderbetreuung
gehören unbedingt zusammen. Leider dominieren
im jüngsten Glaubenskrieg erneut militante Meinungen. Von Dialog
keine Spur. Vergleiche:
Die "Entweder-Oder" die "Sowohl- als auch" Haltung.
Ueli Maurers Ausspruch hat alte Grabenkämpfe heraufbeschworen.
Bei dieser Auseinandersetzungen hat natürlich jede Seite das Recht, die
eigenen Meinung zu vertreten. Falls es sich beispielsweise zeigen sollte,
dass das Hausfrauen oder Hausmannmodell für die Gesellschaft auch
Vorteile hat, so müsste der Staat auch bereit sein, dieses Modell finanziell
zu unterstützen. Bis anhin setzte sich kaum ein Politiker
für die Entschädigung der Erziehungsarbeit ein.
Der rechtfertigende Ausspruch: "Ich bin nur Hausfrau!" von Frauen, die
sich den Kindern widmen und sich während Jahren voll und ganz
dieser Aufgabe widmen, illustriert, dass Erziehungs - und Betreuungsarbeit
von der Gesellschaft noch immer nicht genügend gewürdigt wird.