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Wann ist Werbung sexistisch? |
Ein Plakat des Casino Badens wurde zurückgezogen, weil die
Lauterkeitskommission die Darstellung mit einer leicht bekleideten Frau
als zu sexistisch beurteilt worden war.
Die Stadt Zürich schreibt auf den Webseiten der Fachstelle für Gleichstellung:
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Kommentar: Würde der Passus Blickfang und Dekorationscharakter ernst genommen, so müssten unzählige Plakate z.B. in der Autobranche eingeklagt werden. Eine abschliessende, allgemein gültige Definition von geschlechterdiskriminierender Werbung zu formulieren, ist wohl kaum möglich. Bei der Beurteilung von Werbung spielen nämlich das persönliche Werteverständnis und das subjektive Empfinden der Betrachtenden - und nicht zuletzt auch deren Geschlecht - eine grosse Rolle. Eine Annäherung an den Begriff "sexistische Werbung" wird in Zürich dennoch versucht. Es werden Kriterien formuliert, die helfen sollen, Werbung im Hinblick auf ihren sexistischen Gehalt zu beurteilen. |
Beispiel von Werbung in der Autobranche. |
Die Fachstelle für Gleichstellung
versucht
eine Definition:
Die Seite betont, dass eine Sexy Werbung (= Sex Appeal besitzend) nicht unbedingt sexistisch sein muss. |
Sexuelle Anspielungen, die Produktunabhängig sind. Beispiel: Sanitas Inserat in 20 Minuten 10/2005, Quelle: Stadt ZH |
Köperteile im Blickfang, die die Sexualität der abgebildeten Person vermarktet: Seat Inserat in 20 minuten 4/2003, Quelle: Stadt ZH |
Schablonisierendes Bild der Geschlechter: Michael Page, NZZ Executive, 3/2006, Quelle: Stadt ZH |
Suggestion, dass ein Geschlecht nur für bestimmte Tätigkeiten geeignet ist. Panasonic, 20 Minuten, 11/2003, Quelle: Stadt ZH |
Assoziationen zur Gewalt werden ausgelöst. Casino Lake Side, 5/2004, Quelle: Stadt ZH |
IWC Plakat, Zürich, 2003, Ironie und Humor. Die Fachstelle für Gleichstellung findet dieses Beispiel keine sexistische Ironisierung, sondern listet es als Beispiel einer Sexistischen Werbung. Quelle: Stadt ZH |
Siemens Plakat, Oktober 2005. Humor. Auch dieses Beispiel wird von der Fachstelle für Gleichstellung als sexistisches Beispiel aufgelistet. Quelle: Stadt ZH |
Radio Energy Plakat, Zürich, August 2004, Die Fachstelle für Gleichstellung listet dies als sexistisches Beispiel. Quelle: Stadt ZH |
Tally Weijl Plakat, Zürich 2006. Die Fachstelle für Gleichstellung listet dies als sexistisches Beispiel. Quelle: Stadt ZH |
Kommentar: Bei der Werbung, bei der Kunst oder Satire dürfen wir bestimmt etwas grosszügiger sein, auch dann, wenn gewisse Richtlinien angeritzt werden. Wenn bei politischen Fragen, bei religiösen Aussagen und gesellschaftskritischen Problemen keine Toleranz mehr akzeptiert wird, so haben wir Mühe. Ironie, Humor, Karikaturen dürfen eine gewisse Narrenfreiheit geniessen. Dennoch gibt es Grenzen, die respektiert werden müssen. Diese Grenzziehung ist aber nicht so einfach, wie es gewisse "Wort- und Bildpolizisten" wahr haben möchten. |
Nachtrag vom 15. November 2006: Zusatzwerbung dank Protest: Die "Delfin"-Plakate des Casino Baden von Weber Harbeke werden nun verschenkt. Die junge Frau im Abendkleid mit dem aufblasbaren Delfin auf dem Spieltisch führte beinahe zu einem Skandal. Ein Sujet aus der Kampagne "Baden im Glück" des Grand Casino Baden hat bei Sittenwächtern für einen solchen Aufruhr gesorgt, dass der Auftraggeber beschlossen hatte, dieses Bild nicht mehr auszuhängen. Die Plakate hängen zwar nicht mehr an den Wänden. Das attraktive Plaktat findet dafür in privaten Räumen Platz und dies mit unbeschränkter Dauer. Das Sujet wird bestimmt begeisterte Anhänger finden. Ab sofort kann das umstrittene Plakat gratis im Grand Casino in Baden abgeholt werden. Kahle Zimmerwände werden künftig mit der Aufnahme des international bekannten Mode-Fotografen Hanspeter Schneider geschmückt bleiben. Beworben wird diese originelle Werbe- Aktion in Radio-Spots mit der Stimme des Werbers Frank Baumann. Damit ist einmal mehr ersichtlich, dass Interventionen von Sittenwächtern kontraproduktiv sind. In diesem Fall bekommt "Delfin Frau" zusätzliche Beachtung und wird dank der Gratisaktion noch werbewirksamer. Vielleicht bleibt das Plakat vielerorts jahrelang hängen. Das Casino lässt grüssen. |
Nachtrag vom 7. Januar, 2007: Weltwoche Beitrag Die Büros für Gleichstellung engagieren sich nicht nur gegen sexistische Werbung. Die "Weltwoche" beleuchtete einige der Aktivitäten der Gleichstellungsbüros:
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