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Indiskretion über Blocheraussage |
Gezielte Indiskretion?
Blocher provoziert mit "faulen Afrikanern"
Protokolle von Kommissionssitzungen sind vertraulichRegeln seien indessen zu respektieren, auch wenn ein Bundesrat in ein anderes politisches Lager gehöre, räumte Gross ein. Zu diesen Regeln gehöre, dass in einer Kommission gemachte Aussagen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien. Neben dem Eindruck der Faulheit habe Blocher vor der Kommission auch durchblicken lassen, die Afrikaner seien "für ihre Situation selbst verantwortlich", sagte Gross weiter. Investitionen auf den afrikanischen Kontinent seien der Mühe nicht wert, sei eine weitere Einschätzung des Justizministers gewesen. Livio Zanolari, Informationschef im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, lehnte einen Kommentar ab. Er rief lediglich in Erinnerung, dass Blochers Zurückhaltung gegenüber der Entwicklungszusammenarbeit bekannt seien. Blocher habe in der Vergangenheit besonders ein Spital in Afrika als Beispiel erwähnt, das er selbst finanziert habe. Ein Mal in afrikanischen Händen, habe der Niedergang dieser Institution eingesetzt.Blocher habe in seinen Äusserungen rassistische Thesen vertreten, fand SP Nationalrat Andreas Gross. Wenn die Kommissionsangehörigen politische Folgen wünschen, müssten sie in der kommenden Session eine Interpellation einreichen. Das vertrauliche Protokoll der Sitzung dürfe dazu aber nicht beigezogen werden. Kommentar: Wir fragen uns, ob nicht diese Indiskretion aus der Kommissionssitzung gezielt publiziert worden war. Blochers Geschichte von jenem Projekt, das in afrikanischen Händen missglückte, haben wir nicht persönlich gehört. Kritische Bemerkungen über der finanziellen Unterstützungen bei der Entwicklungszusammenarbeit dürften nach unserem Dafürhalten noch nicht als rassistisch bezeichnet werden. Um die Aussage genau zu beurteilen, müsste uns der genaue Wortlaut vorliegen. Ein ungutes Gefühl werden wir leider nicht los: Was war die Absicht der Indiskretion? Ging es vor allem um die Sicherung der Finanzen bei der Entwicklungszusammenarbeit oder vor allem darum, einen weiteren Beitrag zu publizieren, der Fehrs These stützt, Blocher sei untragbar geworden. (Man schlägt jetzt den Esel und nicht den Sack). |
Bundesrätin Calmy-Rey hat dies ja auch schon vorgemacht. Bei ihr war es die Veruteilung Israels, die dazu hinhalten musste, links-grüne Stimmen zu mobilisieren. Die Aussenministerin war einfach etwas dilettantischer als der Justizminister. Denn Christoph Blocher erscheint zwar in keiner Diskussionsrunde, aber er bringt die Medien und die Parteien unter seiner Leitung zum Reagieren, Reden, Kommentieren etc. Aktualität und Botschaft, Timing und Strategie, Partei und Amt setzen der Justizminister und sein Medien-Adjuntant Mörgeli perfekt ein, ein Sieg nach Punkten für die SVP. Es mag ja nun wirklich nur ein Detail sein, dass genau durch solche Aktionen das Ansehen der Politik und der Politiker in den Keller fällt, das Vertrauen in die Demokratie sinkt und die Bereitschaft, sich zu radikalisieren durch alle Gesellschaftsgruppen steigt. Flur- oder Kollateralschäden nennen das die Militärstrategen, nur die politischen Philsophinnen sprechen vom eigentlichen Verlust der demokratischen Welt.
Je ausfälliger, je polemisierender, je wirklichkeitsfremder und vernunftverletzender die Ansichten sind, umso mehr funktioniert die Aufmerksamkeit. Dieses Spiel haben nun offenbar auch die Politiker begriffen. Und sie tun eifrig ihren Teil, um der Entpolitisierung der Demokratie Vorschub zu leisten. Schauen wir genau hin: Wenn die einzige Aufgabe einer Partei nur noch darin besteht, wahlkampfattraktives Personal für die Politikkaste bereitzustellen, dann verkaufen halt die Parteien auch plötzlich Duschgels wie die CVP oder plakatieren attraktive Frauen- und Männerärsche wie bei den Jungfreisinnigen, deren Slogan "Politik darf Dir nicht am Arsch abgehen" eindrücklich bebildert ist. Oder sie schicken wie die SP 2003 - den Volkswirtschaftsminister zum Baden, nur um ihm dann kurz vor dem SVP-Ertrinken bei den Bundesratswahlen das Leben zu retten. Oder sie kreieren mit roten Ratten, starken Löwen und faulen Bären Politcomics, die wie im Falle der SVP jede Art von Konsens- und Kompromissfindung in der Demokratie verunglimpfen. Was den Parteien als Wahlkampfmaschinen gut ist, soll den einzelnen Politikern nur recht sein. Sie beissen in Kuchenminarette wie der Bieler Polizeidirektor Jürg Scherrer, sie spielen wie die SP-Fraktionspräsidentin Ursula Wyss attraktiven Kleiderständer in der Schweizer Illustrierten, sie posieren etwas weniger attraktiv im Jogginganzug wie Bundesrat Merz oder sie kaufen sich eine auffällige Designerbrille wie Aussenministerin Calmy-Rey. Sie baden aber auch fotogen und gerne im 17 Grad kalten Chauma-See wie die grüne Parteipräsidentin Ruth Genner Von links bis rechts zeigen Politiker auch ihr Berner Sessions-Schlafzimmer her, obwohl der Zusammenhang zwischen Weichkissenschlafer und Asylpolitik nicht ganz schlüssig ist. Völlig unbelastet von irgendwelcher Trennung öffentlich und privat, von repräsentativ und identisch inszenieren sich Politiker jeder Partei so oft vor der Kamera so oft sie dürfen, aber so oft sie eben nicht sollten. Denn dass sie dabei Person, Argument und Politik vermischen und für eine Demokratie gefährlich nahe einer Verwirrung punkto Repräsentation und Identität geraten, fällt ja in der ahistorischen Live-Fetischismus-Gesellschaft eh niemanden mehr auf. Doch wenn wie in der Arena letzten Freitag tatsächlich der einzige wirkliche Staatsmann im Studio der Moderator ist, dann liegt wohl einiges schief in der Schweizer Demokratie. |
Das EJPD stellt sich vor Bundesrat Christoph Blocher
(Quelle 20 Min online) Das Eidgenössische Justiz und Polizeidepartement erklärte heute, die Äusserungen zu "faulen Afrikanern" seien Blocher in den Mund gelegt worden und entbehrten "jeder Grundlage". Andreas Gross hielt hingegen hielt noch am Sonntag an seinen Aussagen fest und sagte, Blocher habe an einer Sitzung der staatspolitischen Kommission vom 14. September den Eindruck erweckt, Afrikaner seien "faul", um so die Entwicklungszusammenarbeit in Frage zu stellen. Diese Aussage wurde unter Berufung auf das Protokoll über die vertrauliche Sitzung gemacht. Dabei habe Blocher durchblicken lassen, dass die Afrikaner für ihre Situation selbst verantwortlich seien, so Gross. Die Beschuldigung steht nicht im Protokoll und wurde angeblich auch nicht so nicht gesagt.
Der Informationsdienst des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) wies am Montag "nach Prüfung der Sitzungsprotokolle" die Aussagen von Gross "entschieden zurück". Die Zitate und Äusserungen von Gross entbehrten "jeder Grundlage". Diese seien im Protokoll nirgends zu finden und auch nicht gesagt worden. Gross präzisierte, er habe einen Eindruck bestätigt und nicht der Wortlaut der Aussagen Blochers wiedergegeben. Die Rede sei aber "einseitig" und an der Grenze zum Rassismus gewesen. Kommentar: Uns interessierte der genaue Wortlaut und nicht der Eindruck eines Politikers.
Waren nun Blochers Bedenken rassistisch oder nur an der Grenze des Rassismus? Hat er den publizierten Vorwurf wortwörtlich so gesagt oder wie nun Gross nachträglich zugesteht, es nur hat durchsickern lassen? Das sind wesentliche Differenzen. Hat nun Bundesrat Blocher die publizierte Aussage "Die Afrikaner sind faul" gesagt oder wie jetzt Andreas Gross klein beigeben muss, nur dem Sinn nach gesagt. Jetzt heisst es eigenartigerweise: Blocher habe an der Sitzung "den Eindruck erweckt". Bei derartigen gravierenden Anschuldigungen gilt stets der Grundsatz:
"Keine industrielle Kultur"Wir zitieren 20 Min online: "Gemäss EJPD hat Bundesrat Blocher sich an der Sitzung unter anderem zur Problematik des starken Migrationsdrucks aus Afrika geäussert. Seine Aussagen seien Ausdruck der "weit verbreiteten Ratlosigkeit im entwicklungspolitischen Umgang mit Afrika". Der Bundesrat habe gesagt, das wirtschaftliche Gefälle müsse beseitigt werden, zum Beispiel durch Industrialisierung. Das Beispiel Afrika zeige, dass sich die Situation auch nach Jahrzehnte langer umfangreicher Entwicklungshilfe nicht wesentlich verbessert habe. Vielerorts fehle in Afrika die industrielle Kultur. Deshalb würden anders als etwa in China industrielle Initiativen im Sand verlaufen. Niemand wisse, wie mit Afrika zu verfahren sei und wie es industrialisiert werden könne. Vielleicht gelinge es Afrika eines Tages aus eigener Kraft. Afrika sich selbst überlassen sei auch eine Möglichkeit, hatte Blocher laut EJPD gesagt."Politik mit Indiskretionen?Das EJPD verurteilte, dass "der vertrauliche Inhalt der Kommissionssitzung den Medien zugespielt und vom Kommissionspräsidenten Gross wahrheitswidrig wiedergegeben wurde". Gross sagte nun gegenüber der Nachrichtenagentur SDA, er habe nicht aus dem Protokoll zitiert, weil er dies gar nicht zitieren durfte. Das wäre illegal gewesen.Kommentar: Das Departement Blocher handelt in der jetzigen Situation klever: es fordert, dass die staatspolitische Kommission die entsprechenden Passagen des Protokolls offen legt. So könnte die vermeintliche "politische Bombe" zum Rohkrepierer werden. Gross bedauerte zwar noch am Sonntag, dass Informationen über die Kommissionssitzung an die Öffentlichkeit gedrungen waren. Dennoch agierte er frank und frei mit dieser Information - In welcher Rolle? Als Parteipolitiker? Sein Parteipräsident setzt jedenfalls alle Hebel in Bewegung, Blocher als unzumutbarer Bundesrat so rasch als möglich zu enttrohnen. Die Bevölkerung hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, welche Spiele gespielt werden. |
Nachtrag vom 17. Oktober: Bundesrat Blocher wehrt
sich gegen die Unterstellungen: Nachdem das Protokoll bestätigt hatte, dass Andreas Gross Blocher lediglich interpretiert hatte, kam Gross ins Schussfeld der Kritik. Blocher doppelte nach und wehrte sich gegen die Unterstellungen. Wir zitieren das St. Galler Tagblatt online: Der Vicepräsident der Staatspolitischen Kommission Gerhard Pfister bezeichnet Blochers Aussagen als dezidiert, aber völlig unproblematisch. Gross' Aussagen als Kommissionspräsident erachtet er indes als "ungeschickt" und "eher unglaubwürdig". Der Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz geht noch einen Schritt weiter:
Philipp Müller will dafür sorgen, dass sich die Staatspolitischen Kommission an ihrer Sitzung vom Donnerstag mit dem Vorfall beschäftigt:
Aber auch die Linke will die Angelegenheit nicht ad acta legen. "Die SP wird nach der SPK-Sitzung über Möglichkeiten diskutieren, wie der Fall weiterbehandelt werden soll", betont Vermot." Was wir befürchtet hatten: Die Bombe, die gegen Blocher gezündet wurde, scheint als Rohrkrepierer zu verpuffen. |
Nachtrag vom 22. Oktober: NZZ Beitrag
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Nachtrag vom 15. November 2006 SP-Nationalrat Andreas Gross wird nun offiziell Stellung nehmen müssen, warum er die kritischen Aussagen von Christoph Blocher ausgeplaudert hatte. Nach Andreas Gross soll Bundesrat Blocher "Faule Afrikaner" gesagt haben. Christoph Blocher meint dagegen, er habe laut Protokoll nur gesagt, die jahrzehntelange Entwicklungshilfe habe die Situation in Afrika nicht verbessert. Dass sich Andreas Gross mit einer Indiskretion aus der Sitzung der staatspolitischen Kommission schuldig gemacht hatte, könnte nun Folgen haben: Das Büro des Nationalrats muss nun Andreas Gross anhören. Blocher hatte den Nationalratspräsidenten in einem Brief ersucht, gegen Gross vorzugehen. Das Büro entschied jetzt, den Zürcher SP-Nationalrat in nächster Zeit einzuladen und anzuhören, liess der Informationsbeauftragte der Parlamentsdienste, Mark Stucki verlauten. Eine explizite Massnahme soll der Justizminister nicht gefordert haben. Laut Stucki sieht Artikel 13 des Parlamentsgesetzes Disziplinarmassnahmen vor, wie beispielsweise einen Verweis oder der Ausschluss von einer bestimmten Anzahl Sitzungen. |
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