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www.rhetorik.ch aktuell: (28. März, 2006)

Blochers Albisgüetli Aussage



Die Aussage am 20. Januar 2006 im Albisgüetli Die Falschaussage im Ständerat am 22. März 2006 Die Entschuldigung am 28. März, 2006


Blocher hatte an der Albisgüetli-Rede am 20. Januar 2006 über zwei in der Schweiz lebende Albaner gesagt, diese hätten zwei Morde und 15 Raubüberfälle auf dem Buckel. Dabei verschwieg Blocher, dass das Bundesgericht zum Schluss gekommen war, die Vorwürfe der albanischen Justiz seien wohl aus politischen Gründen konstruiert worden.

Am 14. März 2006 hatte Justizminister Christoph Blocher vor dem Nationalrat seine Albisgüetli-Rede verteidigt und die Vorwürfe an die Asylrekurskommission (ARK) wiederholt. Diese habe ein Verfahren des Bundesgerichts unterlaufen, sagte er in der Fragestunde.

Christoph Blocher im Januar 2006: Bundesrat Christoph Blocher an der Albisgüetli-Tagung am 20. Januar 2006:

"Hier ein letztes Beispiel: Zwei international gesuchte Albaner stellten 2004 ein Gesuch um Asyl. Der eine wird beschuldigt, fünfzehn Überfälle begangen, zwei Menschen ermordet und ein Kind entführt zu haben. Ausserdem soll er an mehreren tödlichen Attentaten beteiligt gewesen sein. Sein Asylkumpane wird der Beteiligung an immerhin fünf Raubüberfällen verdächtigt.

Das Bundesamt für Flüchtlinge entschied umgehend: Die Asylanträge wurden abgelehnt. Das Bundesamt für Justiz verfügte nach einer ordentlichen Überprüfung der Anschuldigungen die Auslieferung der beiden Albaner. Ein klarer Fall? Ja. Aber nicht für die Asylrekurskommission: Sie heisst eine Beschwerde der Albaner gut. Beide erhalten Asyl. So wurden aus zwei schwerer Verbrechen Angeklagten zwei Flüchtlinge." Quelle


Hat Blocher im Städerat gelogen? Gilt das geschriebene oder das gesprochene Wort? Bundesrat Blocher stützt sich auf sein Manuskript. Blick hingegen auf das gesprochene Wort. Spannend: Wie muss dies beurteilt werden? Hat Bundesrat Blocher das Wort gebrochen, wenn er seine Aussage bestreitet?

Der Ständeratspräsident erwartet jedenfalls vom Justizminister eine Entschuldigung. Trotz Videobeweis bestreitet nach wie vor Christoph Blocher die beiden Albaner als "Kriminelle" bezeichnet zu haben. Er will nach dem schriftlichen Text beurteilt werden, denn er habe im Manuskript nur von Angeschuldigten geschrieben.

Obschon es nur um das fehlende Wort "mutmassliche" bei den kriminellen Albanern ging - kam es zu einem Wirbel. Bundesrat Blocher verlor druch diesen Fehler viel von seiner Glaubwürdigkeit. Es geht nämlich nachträglich nicht mehr darum, ob Christoph Blocher aus Versehen an der Albisgütlirede von Kriminellen anstatt von mutmasslichen Kriminellen gesprochen hat. Für uns geht es mehr als um einen sprachlichen Fehler. Wir hätten Blocher geraten, sich sofort zu entschuldigen. Doch er schwieg zu lange. Noch schlimmer: er stritt sogar die mündliche Aussage ab. Bei der angewandten Rhetorik gilt: Gesagt ist gesagt!


Nachtrag vom 29. März, 2006: Entschuldigung

Christoph Blocher liess Ständeratspräsident Rolf Büttiker eine Entschuldigung schicken:

"Nie war es meine Absicht, die Albaner als verurteilte Kriminelle hinzustellen."


Büttiker hatte verlangt, dass Blocher sich entschuldigen muss. Und so hat Blocher etwas getan, was er noch nie getan hat: Er hat sich öffentlich und persönlich entschuldigt. Dafür, dass er in seiner Albisgüetli-Rede im Januar zwei Albaner vorverurteilt und als "Kriminelle" hingestellt hat.

Blocher sagte an der Pressekonferenz nach der gestrigen Bundesratssitzung, dass die schriftliche Fassung der Albisgüetli-Rede korrekt gewesen sei. Aber:

"In der mündlichen Fassung habe ich an einer Stelle statt von mutmasslichen Kriminellen von Kriminellen gesprochen. Das war ein Fehler, es tut mir leid, dass es so war."


Die Entschuldigung gelte auch dafür, dass er noch letzte Woche im Ständerat die Unwahrheit gesagt und erklärt hatte, er habe die zwei Albaner nie als Kriminelle bezeichnet.


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