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www.rhetorik.ch aktuell: (9. März, 2006)

Kritiker kritisieren Kritiker



Kurt W. Zimmermann
Kurt W. Zimmermann
Weltwoche-Autor Kurt W. Zimmermann hatte die SF-Late Night Show "Black'n Blond" stark kritisiert und als "grössten aktuellen TV-Flop" bezeichnet. Der Moderator Chris von Rohr bekam dabei gehörig Fett weg. Von Rohr liess sich diese "Zimmermannsbeleidigung" nicht auf sich sitzen. In einer Replik in der Weltwoche wollte er die Vorwürfe Zimmermanns öffentlich kontern. Chris von Rohr
Chris von Rohr


Eine ungekürzte Publikation des originalen Textes lehnte die Weltwoche erstaunlicherweise ab. Es wäre für die Weltwoche nur eine abgeschwächte, rein auf die Sendung bezogene Version in Frage gekommen. Wahrscheinlich wollte die Redaktion den Weltwoche ihren Autor Kurt Zimmermann schonen. "Persoenlich.com" erhielt von der Weltwoche keine Stellungnahme zu ihrem eigenartigen Entscheid. "Persönlich.com" publizierte hierauf die ganze verbale Breitseite Rohrs gegen seinen Kritiker.

Gegenüber "Persönlich.com" erklärte Chris von Rohr:

"Wer anderen Flops vorwirft, muss sich einen Blick in den eigenen Werdegang gefallen lassen" Ausserdem: "Der Rocker lässt sich ein Mal unter der Gürtellinie beleidigen -- beim zweiten Mal macht's halt bum."


Wer austeile, müsse auch einstecken können.

Auch wir sind dem Meinung, dass bei einem echten Dialog Meinung und Gegenmeinung artikuliert werden darf. Wer kritisiert, darf auch kritisiert werden. Von Rohr findet selbst: Derjenige, der austeilt, muss auch mal einstecken können. Von Rohr versteht es auch, auszuteilen. Er müsste Kritik auch einstecken können. Beim Lesen der verbalen Breitseite gegen seinen Kritiker war sich Von Rohr nicht bewusst, dass er über sich mehr aussagt, als ihm lieb sein könnte:

"Wir kommen aus demselben Nebelkaff, ich hab ein paar Millionen Tonträger verkauft, bekam Dutzende Gold- und Platin-Schallplatten verliehen und die Ehrenbürgerschaft von Tennessee. Du hast es immerhin zu einem passablen Golf-Handicap und einem Ferienhäuschen in Thailand gebracht. Mään, keiner von uns braucht sich zu beklagen, wir haben beide dem Jurasüdfussblues getrotzt."


Von Rohr wertet den Kritiker ab und flüchtet sich in Rechtfertigungen:

Noch dazu giltst du als neunmalkluger Doyen deiner Gilde. Und nanntest als solcher unsere Sendung "Black'n' Blond" einen Riesenflop. Ein Flop gemessen woran eigentlich? Vielleicht an Stefan Raab, weil der uns stilistisch am nächsten liegt? Fehlanzeige, der hat zwar das vielfach höhere Produktionsbudget, aber nicht die bessere Quote als wir. Sein Marktanteil liegt bei 10, unserer im Schnitt bei 12 Prozent. Gemessen an seinem Vulgärhumor, der Witzdichte, der Art und Weise, wie er seine Gäste behandelt? Geschmacks- oder Ansichtssache, würde ich sagen. Ein Flop gemessen an unseren eigenen Anfangsquoten? Bullshit! Als Profi weisst du, dass man immer den Schnitt nehmen muss und nicht die ersten Sendungen, wo noch viele "Mal checken, was da kommt" -Zuschauer dabei sind."


Rohrs Widerspruch ist, dasss er einerseits meint, dass man ihn nicht mit Harald Schmid messen darf, er dann aber seine Sendung doch mit dessen Late Nigsts Show vergleicht:

"Gemessen an Harald Schmidt? Keiner will und kann sich mit Dirty Harry messen, aber wenn wir schon von Quoten reden: Seine ist auch nicht gerade berauschend. Doch Quoten sind bei Late-Nights eh nicht das Thema. Hätten die entsprechenden TV-Chefs, als Schmidt anfing, so schnell und schmerzlos gehandelt, wie du das jetzt bei uns forderst, würde Schmidt heute nicht mehr für acht Millionen Euro pro Jahr am Bildschirm mit gekonntem Dadagaga brillieren. Eine Late-Night muss wachsen. In Harald Schmidts ersten Monaten stimmte an seiner Show nämlich noch null und nichts, schon gar nicht die Quote. Feuilleton und Boulevard stampften ihn fast ein Jahr lang unisono in Grund und Boden. Vergessen, Zimmi?"


Von Rohrs Vorwurf an Zimmermann ist: Wisch vor der eigenen Tür!

"Ja, gell, das choge Erinnerungsvermögen, Zimmi! Bist in der Branche ja bekannt als der, der gegen gutes Honorargeld in seiner Medienklatschkolumne all das verdammt, was er selber einer ganzen Journalistengeneration gepredigt hat. Warst der Erfinder des modernen "Blattmachers", der notfalls Irrelevantes hochhypt, und schimpfst ihn heute "Plattmacher". Und hast du deinen Jungjournalisten nicht vor ein paar Jahren noch schulterklopfend eingebläut: "Never let the truth kill a good story!"?

"Lass uns dennoch bei den Fakten bleiben, Zimmi? Facts, von dir mitgegründet, schreibt noch im zwölften Jahr tiefrote Zahlen. Und wer hat die Tamedia mit dem Internetportal "Winner", kurz bevor die Dotcomblase platzte, mächtig in die Scheisse geritten? Warst du nicht auch sonst an allerlei Flops bei der Tamedia beteiligt? Eure Idee TV3 war ja wohl, entschuldige die Wortwahl, der Schweizer Medienflop des Jahrhunderts. 130 Millionen Stutz für die Mattscheibe. Und dann hat man noch dem Schawi seinen nationalen Sender Tele 24 abgekauft, für lockere 90 Milliönchen. Wofür? Um ihn tags darauf zu schliessen. Wenn nicht ein Flop, dann zumindest ziemlich Flip-Flop, find ich."


Von Rohr wurde wahrscheinlich an einer Schwachstelle getroffen. Sonst müsste er nicht so plump zurückschiessen:

"Eines fällt an deinen wöchentlichen Good Storys auf: Du amüsierst dich stets auf Kosten anderer und lässt dich dafür wie die Made im Speck von den vielen grauen Mäusen und Befehlsempfängern deiner Zunft bewundern. Aber immerhin, du bist vom Journi zum SpitzenManager auf- und dann sozusagen zum Consultant und Privatier umgestiegen. Respect, Zimmi.

Jedem das Seine. Ich selber fühl mich halt zu jung für die Frühpension. Zweifellos können Roman Kilchsperger und ich noch dazulernen, aber "Sternstunde Philosophie" wollen wir nachts um elf keine machen, und so saudumm, wie du unsere Sendung siehst (falls du sie denn in jüngster Zeit überhaupt gesehen hast), ist sie nicht. Aber natürlich erzeugen so bunte Vögel wie wir, die eine Personalityshow für ihre Bubenspiele bekommen und dafür auch noch bezahlt werden, Missgunst. Erst recht bei den kulturbeflissenen Linksspiessern an der Journifront, die sich auf ihrer täglichen Jagd nach dem Härchen in der Suppe selten so lustvoll verwirklichen können. Da würd ich aus Frust glaubs auch dem hämischen Bashing-Muster verfallen. Man fällt dann wenigstens auf -- und bekommt sogar noch Post von den Geprügelten.

Die Presse hat uns hochgejubelt, sie hat uns niedergeschrieben. Easy, wir werden wie Fussballer die Antwort auf dem Platz geben. Late-Night ist bedeutend schwieriger zu machen, als ein Erfolgsformat à la "MusicStar" oder "Genial daneben" einzuschweizern. Wir mögen im Learning by doing Fehler gemacht haben, aber wir probieren wenigstens was Eigenes und sind stolz auf unsere Pionier- und Eigenleistung im Duopack.

Zimmi, du darfst mich vielleicht ungestraft "Dumpfbacke" und "Arschgesicht" nennen, wie du es in deiner Kolumne getan hast. Aber, hey, Mr. Zimmermän, kleiner Gratistipp von Solothurner zu Solothurner: Mund abwischen, in den Spiegel gucken und mal ganz genau schauen, was du dort siehst. Take care, C.V.R."


Chris von Rohr zeigt mit einem Finger auf Zimmermann und mit drei Fingern auf sich selbst.




Im Sonntagsblick vom 5.3.06 gelesen:

"Scharfsinnige Kritik ist willkommen", sagt von Rohr zu SonntagsBlick, "aber als Arschgesicht muss sich in diesem Land niemand betiteln lassen." Dazu Zimmermann: "Wenn einer die Geschmacklosigkeit hat, seinen Hintern in die laufende Kamera zu strecken, ist dieser Ausdruck ausnahmsweise gerechtfertigt."


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