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Der Kassensturz vom 27. Febr. publizierte eine unbegreifliche
Werbe-Kampagne für ein Dopingmittel - die für junge
Sportler geplant war. Mit dem gezielten Aushang für das Medikament
Gly-Coramin geht Novartis gezielt junge Leute an.
Nur: Die vermeintlich harmlose Kautablette, welche dem Snöber mehr
Energie geben verspricht, steht auf der Dopingliste und dürfte
gar nicht an unter 16Jährige abgegeben werden.
Gly-Coramin ist ein Notfallmedikament, das für ältere
Personen bei Schwächen, grosser Müdigkeit oder
bei Kreislaufstörungen eingesetzt wird. Bekannt ist die Kautablette auch bei
Soldaten, Bergführern. Hersteller Novartis will nun mit einer
wilden Plakataktion gezielt ein junges Publikum ansprechen. Am Basler
Bahnhof hängen beispielsweise die Plakate - mit einem abgebildeten
Snowboarder samt dem glühendem Snowboard- zwischen Party- und
Konzertveranstaltungen beim Bahnhof. Das Novartisprodukt verspricht mehr
Energie dank Gly-Coramin. Doch die vermeintlich harmlose Tablette hat
einen heiklen Inhaltsstoff mit Nebenwirkungen. Im Kleingedruckten ist zu
lesen:
"Gly-Coramin kann eine positive Reaktion bei Antidoping-Kontrollen haben."
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Der Grund: Eine Kautablette enthält unter anderem 125
Milligramm Nikethamid.
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Nikethamid ist ein Dopingmittel. Es steht auf der Liste verbotener
Substanzen, Mittel und Methoden des Bundesamts für Sport. 2004 wurde
die damalige 100-Meter-Wetlmeisterin Torri Edwars aus den USA für
zwei Jahre gesperrt, weil sie Nikethamid geschluckt hatte.
Beat Villiger, der Chefarzt von Swiss Olympic findet die Aktion
völlig daneben:
"Dass Junge mit einem Medikament angesprochen werden, kann nicht
toleriert werden. Und wenn das noch mit einer Sportgruppe wie den Snölern
gemacht wird, die bei den Jugendlichen einen immensen Einfluss hat, dann
werden natürlich auch unter 16-Jährige diese Medikamente nehmen."
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Kassensturz stellte Novartis schriftlich mehrere Fragen und wollte unter
anderem wissen, weshalb der Pharmakonzern Jugendlichen ein Medikament
als "Kult-Energiespender" verkauft und wie Novartis ausschliessen
könne, das Jugendliche unter 16, angeregt von der Kampagne,
Gly-Coramin konsumierten. Novartis hüllte sich in Schweigen.
Der sonderbare Umgang der Firma mit Medien
Novartis verweigerte die Auskunft. Der Chemiekonzern wollte Fragen der
Kassensturzjournalisten nicht beantworten. Eine bewusste
Antwortverweigerung. Fachleute finden alle die Novartis-Kampagne unhaltbar:
"So etwas prophylaktisch zu nehmen, um nachher gut drauf zu sein,
ist nicht akzeptabel. Es ist ein Aufputschmittel, ein Medikament,
das Nebenwirkungen hat. Jedes Medikament hat Nebenwirkungen.
Dass man so etwas nimmt, um sich für eine kommende Aufgabe
fit zu machen, ist nicht erlaubt",
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sagt Beat Villiger. Inzwischen ist Swissmedic aktiv geworden. Das
Heilmittelinstitut untersucht, ob die Novartis-Werbung gegen das
Heilmittelgesetz verstösst.
Das No-commentverhalten der Novartis wurde lediglich bei den
Nebenwirkungen durchbrochen. Die Firma bestritt jegliche Nebenwirkungen
des Dopingmittels.
Ein renommiertes Chemieunternehmen darf nicht auf diese Weise
mit den Medien umgehen.
Dass die Kampagne ein gravierender Fehler war, ist unbestritten. Die
Kommunikationsverantwortlichen hätten den Reputationsschaden für
die Firma der der Plakatgeschichte berücksichtigen müssen.
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