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www.rhetorik.ch aktuell: (27. November, 2005)

Cornelia Boesch bei Aeschbacher



Cornelia Boesch war vorübergehend als Ersatz für Susanne Wille im "10 vor 10" zu sehen, die im Mutterschaftsurlaub war. Boesch war vorher als Sprecherin der Mitternachts-Tagesschau bekannt. Sprecher der Spätausgabe nennt man oft die "Nachteule".

Boesch hatte bei der "10 vor 10" Tätigkeit ein gutes Medienecho und war gemäss Umfragen beliebt. "Blick"-Leserinnen und Leser haben Cornelia Boesch zur beliebtesten "10 vor 10"-Moderatorin gewählt. Nach Abschluss Ihrer News Stellvertretung wurde sie am 24. November 2005 bei Äschbacher eingeladen und musste sich verschiedensten Fragen stellen.

Im ersten Teil des Gesprächs ging es um Nebensächlichkeiten:
  • ... um Nasenbrillianten, den während der "10 vor 10" Auftritte entfernt werden mussten. Es ist aus kameratechnischen Gründen empfehlenswert, dass Moderatoren nichts auf sich tragen sollen, was ablenkt wie ein Nasenring oder Schmuck.
  • ... um Haare, die sie für den Auftritt geglättet worden sind. Die Moderatorin verriet, dass sie im Alltag gekrauste Haare habe, und ihr Haar für die Präsentation am Bildschirm glättet.


Im zweiten Teil wurden die Ängste beim ersten Auftritt thematisiert. Wir lernten dort dann doch noch eine Cornelia Boesch kennen, die gut erzählen kann. Bei einer Kompetenzfrage konnte Cornelia Boesch mit einer klugen Antwort aufwarten:

Kompetenz ist bei meinem Job eine Voraussetzung.


Details, die uns etwas gestört haben: Nebensächlichkeiten hatte Cornelia Boesch unbegreiflicherweise in epischer Breite zelebriert (Das Haare glätten/die Nasenschmuckgeschichte). Diese Details wären nicht notwendig gewesen. Wir fragen uns, weshalb sich eine Journalistin dazu hinreissen liess, so Banales ins Zentrum eines Gesprächs zu rücken. Aus unserer Sicht müsste sich eine Person nicht selbst auf Äusserlichkeiten reduzieren. Auch dann, wenn ein Kurt Aeschbacher diese Geschichten anspricht und schätzt, könnte eine Profijournalistin das Gespräch lenken und mit einer humorvollen Bemerkung vom Tisch wischen. Dank der Haargeschichte merkten nun die Zuschauer, dass sich Cornelia Bösch ihre natürlich gekrausten Haare ebenfalls für den Aeschbacher Auftritt geglättet haben musste. Cornelia Boesch hätte von Susanne Wille etwas lernen können. Susanne Wille verkleidete sich nie. Sie liess sich auch nie von Stylistinnen fremdbestimmen. Sie blieb sich immer treu. (Eine Stylistin soll zu Boesch gesagt haben: "Sie wirken mit dem Lockenkopf zu wild und zu romantisch!" Diese Bemerkung genügte, um Boesch umzustimmen und die Frisur zu verändern). Wir begreifen nicht, wenn eine Person den natürlichen Chruselikopf für einen kurzen Medienauftritt verfremdet. Entspricht einer "Verkleidung". Dass hingegen eine Moderatorin nichts auf sich tragen sollte, das ablenkt, beispielsweise ein auffälliges Abzeichen, ein Nasenring oder Schmuck" oder Nägel im Gesicht. Dies müsste man einer Nachrichtensprecherin nicht zusätzlich bewusst machen müssen. (Cornelia Boesch erwähnte im Gespräch, dass man sie bitten musste, den Nasenschmuck für die Präsentation zu entfernen). So etwas gilt nach unserem Dafürhalten bei einer Moderatorin genau so , wie bei einer Bankbeamtin, die Kundenkontakt hat. Kein Verkaufschef würde akzeptieren, wenn Kunden die Bank verlassen, nur weil die Schalterfrau mit Metallteilen in der Nase oder in den Augenbrauen die Kunden irritiert und diese den Schalterraum verlassen, weil sie glauben, sie befänden sich in einer Eisenwarenhandlung. Wer im Schaufenster der Oeffentlichkeit steht, muss immer dann Konzessionen machen, wenn Aeusserlichkeiten zu Missverständnissen führen können und die zwischenmenschliche Kommunikation beeinträchtigt wird. Bei Medienaufritten muss immer alles weggelassen werden, das ablenkt (gilt grundsätzlich bei der Medienrhetorik). Cornelia Boesch enttäuschte uns auch dann, als ihre Gesichtszüge entgleisten (bei Situationen, bei denen Aeschbacher persönlich wurde). Sie machte dann eigenartige Mundbewegungen, die irritierten. Auch die Antwort auf die Frage, ob sie erotisch sei, überzeugte uns nicht: "JaJa - gut - ich hoffe aber auch ein wenig kompetent zu sein".

Wir sind uns bewusst, dass letztlich das Publikum entscheidet, was stört. Bei Cornelia Boesch könnten wir uns gut vorstellen, dass sich überhaupt niemand an den Brillanten gestört hätte.




Nachtrag vom 1. Dezember 2005: In einem Interview mit Persönlich überzeugten uns zwei Antworten der "Ersatzmoderatorin". Das Interview fand vor dem Auftritt bei Aeschbacher statt (Quelle: Persoenlich.ch):

Persoenlich Boesch
Sie wirken immer sehr souverän am Bildschirm. Ist Ihre Coolness nur Maske oder haben Sie tatsächlich Nerven aus Stahl? Ich wollte meine Arbeit unbedingt gut machen und bereitete mich deshalb lange mit meinem Moderationscoach auf meine Aufgabe vor. Zugleich konnte ich auf meine langjährige Erfahrung aus der Zeit als Radiomoderatorin zurückgreifen. Dabei habe ich gelernt, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn eine Panne passiert. Tritt Sie ein, versuche ich souverän, kompetent und trotzdem menschlich zu reagieren. Damit ich nicht aus allen Wolken falle, habe ich mir die Dinge aber auch so zurechtgelegt, dass ich immer über zwei, drei Auswegsszenarien verfüge.
Sie waren im TV-Star auf der Titelseite abgebildet, am Donnerstag sind Sie in der Sendung "Aeschbacher" zu Gast. Wie gehen Sie mit dem Rummel um Ihre Person um? Ich trenne das Private strikt von meinen Job. Da ich mit meinem Privatleben sehr zufrieden bin, möchte ich, dass sich daran möglichst wenig ändert. Auch wenn ich meine Arbeit möglichst gut machen möchte, achte ich darauf, dass das Berufliche das Private nicht tangiert.
Es wird also auch in Zukunft keine Schweizer Illustrierte-Homestory mit Ihnen geben? Nein, das will ich nicht. Wenn ich nun schon 15 Jahre moderieren würde, könnte ich mir schon vorstellen, preiszugeben, wo ich wohne. Aber nach zweieinhalb Monaten "10 vor 10" wäre dies das falsche Signal. Es spielt im Übrigen auch keine Rolle, wie das Sofa aussieht, auf dem ich zu Hause TV schaue.


Kommentar: Uns gefällt in der ersten Antwort der letzte Satz. Das Zurechtlegen von Auswegszenarien ist etwas, das wir immer wieder empfehlen. Es gilt Situationen zu antizipieren. Die Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit finden wir ebenfalls sehr gut. Nur muss Cornelia Boesch auch noch beweisen, dass sie konsequent bleibt und sich später nicht doch noch auf dem Sofa ablichten lässt.


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