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Bundesrat Christoph Blocher rechnete mit der heutigen
Verkehrspolitik ab und verärgerte damit Bundesrat
Moritz Leuenberger. An der Eröffnung der
Veranstaltung "Auto Zürich" legte Blocher verbal los, sehr zur
Freude der anwesenden Vertreter der Automobilbranche.
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Blocher kritisierte in seiner Rede die Senkung des
Toleranzwertes bei den Geschwindigkeitsmessanlagen in der Stadt
Zürich von 5 auf 3 Stundenkilometer:
"Da Politiker, wenigstens wenn es um Einnahmen geht, ziemlich kreativ
sein können, wundert es wenig, dass man auch bei diesem Posten versucht, noch
mehr aus den Bürgern herauszuholen ... Begründet wird dieser neue
Toleranzwert - wie immer - mit einer Erhöhung der Sicherheit. Ich weiss
nicht: Gilt jemand, dessen Tacho 54 Stundenkilometer anzeigt, bereits
als gefährlicher Raser? Das Sicherheitsargument scheint mir bloss ein
moralistisches Pseudoargument, um von den versteckten Fiskalgelüsten
abzulenken ..."
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"Wer den Toleranzwert von 5 auf 3 Stundenkilometer senkt, schafft auch
mit einem Federstrich und ohne grosse Umstände ein paar zehntausend
Gesetzesübertreter mehr. Ohne dass sich irgendjemand in seinem Verhalten
geändert hätte."
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Zur Verlagerungspolitik sagte er:
"Offensichtlich stimmen mehr Leute an den Urnen für die
Verlagerungspolitik, als dass sie sich tatsächlich selber in die Züge
und Busse verlagern würden. Die Entlastung findet weniger auf den Strassen
statt, sondern beim schlechten Gewissen. Man stimmt für den öffentlichen
Verkehr und hat damit seinen Beitrag geleistet. So wie es Leute gibt,
die ein Fitnessabonnement kaufen und dann glauben, etwas für die Gesundheit
getan zu haben ..."
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Verkehrspolitiker wie Rolf Escher oder der
Präsident der ständerätlichen Verkehrskommission
(KVF)- ragierten ungehalten:
"Man kann doch nicht alle Leute in einen Topf werfen."
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Blocher habe einer Mehrheit der Bevölkerung unterstellt, dass sie der
Verlagerungspolitik zugestimmt habe, um ihr Gewissen zu beruhigen
Noch deutlicher wurde die Grüne Franziska Teuscher:
"Das ist typisch Blocher. Fallen Volksentscheide in seinem Sinne aus,
hält er diese hoch. Passen sie ihm nicht in den Kram, verhöhnt
er das Volk."
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Blochers Worte haben vor allem auch Verkehrsminister Moritz Leuenberger
geärgert: Er verweist nicht nur auf die mehrfache Bestätigung der
Verlagerungspolitik durch das Volk. Er hält auch der von Blocher
angesprochenen miserablen Bilanz des öffentlichen Verkehrs entgegen:
"Ohne die Bahn würden alle Agglomerationen und auch der
Gotthard völlig vom Verkehr überrollt und verstopft."
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Verkehrspolitiker Andrea Hämmerle
vermutet hinter Blochers Provokation einen konkreten Beweggrund:
"Blocher versucht offensichtlich, Moritz Leuenberger zu demontieren, um
dessen Departement zu übernehmen."
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Christoph Blocher jedoch fühlt sich als Anwalt der Automobilisten:
"Es wäre nicht mehr als Anstand, die beste Milchkuh nicht dauernd als
Feindbild zu behandeln."
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Bundespräsident Samuel Schmid nimmt in einem Interview in der
"BernerZeitung" und der "Neuen Luzerner Zeitung"
auf den Streit über die Verkehrspolitik zwischen den Bundesräten
Christoph Blocher und Moritz Leuenberger Bezug:
Solche Alleingänge seien das Abbild veränderter
Kräfteverhältnisse im Parlament:
"Es geht nicht darum, die Gesinnung zu verraten, aber ein Bundesrat
muss zu seiner Partei eine gewisse Distanz wahren."
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Um die Unabhängigkeit deutlicher zu
machen, könnte man auch überlegen, ob ein Bundesrat bei seinem
Amtsantritt nicht aus der Partei austreten solle.
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