Wir vertraten immer wieder die Meinung, dass medialer Protest und Klagen
meist kontraproduktiv sind.
Nachdem die junge SVP kürzlich in ihrem Internetauftritt mit
einem Comic den Bundesrat aufs Schwerste verunglimpft hatte, fragte
sich der "Tagesanzeiger", ob die Zeichnung überhaupt öffentlich
gemacht werden sollte. Der Chefredaktor Peter Hartmeier fragte sich:
Gehen wir mit der Veröffentlichung nicht Provokateuren auf den
Leim, die sich Publizität sichern wollten?
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Die Redaktion hatte sich entschlossen, den Comics doch öffentlich zu
machen. Wie bei anderen Beleidigungen und Persönlichkeitsverletzung
in den Bereichen Satire und Kunst, könnten wir auch in diesem Fall
darüber streiten,
ob es nicht doch Grenzen gibt, oder ob jedermann unter dem Deckmantel
der Satire völlige Narrenfreiheit hat. Es erstaunte uns, dass
im Gegensatz zu Beschimpfungen in Satire, Theater und Kunst
in diesem Fall plötzlich der Ruf nach Anklage und
Sanktionen viel stärker zu hören war.
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Nach Strafrechtsprofessor
Daniel Jositsch könnten tatsächlich einige Textpassagen den
Strafbestandteil der Beschimpfung oder üblen Nachrede erfüllt
sein. Doch können nur die Betroffenen klagen. Jositsch ist der
Meinung, dass sich Politiker bei Ehrverletzungen mehr bieten lassen
müssen als andere Personen. Doch es gebe Grenzen.
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Oswald Sigg, der Bundesratssprecher
wollte nach dieser Provokation bewusst nichts machen und er war sichtlich
bemüht, dem Elaborat möglichst wenig Gewicht zu geben. Der Bundesrat -
auch Ellen Ringier - verzichteten angeblich auf rechtliche Schritte.
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Die Junge SVP hat inzwischen den Comics etwas abgeschwächt.
Wenn bei Satireprodukten völlige Hofnarrenfreiheit proklamiert
wird, so veranschaulicht dieses Beispiel, dass
je nach politischem Couleur sich die Betroffenheit und
damit auch der Ruf nach Sanktionen ändern kann.
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