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www.rhetorik.ch aktuell: (20. August, 2005)

Zur Rolle der Medien bei den Siedlungsräumungen



Israel hat Gaza seit dem Sechs Tage Krieg im Jahre 1967 unter Kontrolle. Etwa 8'500 Israelis haben sich seither dort angesiedelt. In Gaza wohnen etwa 1.3 Millionen Palestinenser. Die von Ariel Sharon im Jahre 2004 beschlossene Räumung von der Gaza Siedlungen hat letzte Woche begonnen und wird in ein paar Tagen abgeschlossen sein. Für die Siedler, die zum Teil seit 38 Jahren in Gaza lebten, spielte neben passivem Widerstand die Bildberichterstattung eine vielleicht letzte Chance um den beschlossenen Auszug noch zu verhindern. Bei der Räumung waren zum Teil eingebettete Journalisten zugelassen und eine Flut von Fotos haben die Vorgänge dokumentiert.


Psycholgische Kriegsführung

Vor Beginn des israelitischen Abzugs aus dem Gazastreifen organisierten die Siedler Widerstand und verteilten Instruktionen, wie die Moral der anrückenden Soldaten zu brechen sei. Auf Flugblättern wurde den Siedlern empfohlen, den israelischen Soldaten Kinderzeichnungen zu zeigen und Fotos von ihnen zu machen. Dann sollten die Siedler ihnen sagen, dass die Geschichte sie und ihre Verbrechen niemals vergessen werden. (Quelle: "Yediot Ahronot"). Eine andere Strategie waren Assoziationen mit dem Holocaust.
Knabe in Warshauer Ghetto Mädchen in Gaza
Das berühmte Foto des Knaben im Warschauer Ghetto mit erhobenen Händen. Foto bei der Gaza-Evakuierung. Die Analogie zum Warschauer Bild ist klar. Quelle: Haaretz.
Am Anfang der Evakuationen halten sich nach Schätzungen Tausende Siedler und 4000 Menschen aus anderen Landesteilen im Gazastreifen auf, die gemeinsam eine Räumung verhindern wollten. Die 8'000 Bewohner der 21 jüdischen Siedlungen im Gazastreifen wurden am letzten Montag aufgefordert, freiwillig zu gehen. Für das Verlassen der Siedlungen wurden 48 Stunden Zeit eingeräumt. Am Mittwoch begannen die Zwangsräumungen. Die Regierung Sharons rechnete für den Abzug aus dem Gazastreifen und die Evakuierung von vier weiteren Siedlungen im Westjordanland mit etwa drei Wochen. Nun sieht es so aus, als ob die Sache schneller abgeschlossen werden kann.

Die Rolle der Medien



Im Wettstreit um die Aufmerksamkeit der Medien hatte der Palästinensische Präsident Mahmud Abbas ein Medienzentrum für den Gaza-Abzug eingerichtet. Abbas erklärte, dort stünden den Journalisten jederzeit kompetente Ansprechpartner zur Verfügung. Die Hamas kündigten in den Medien die Fortsetzung ihres bewaffneten Kampfes auch nach dem israelischen Abzug an und beanspruchte das Recht, Waffen zu tragen. Die Räumung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen wertete die Organisation als Sieg für den militanten Widerstand.Die Palästinenser wissen längst, mit den Medien umzugehen.

Bei der Räumung der Siedlungen spielten die Medien an allen Fronten eine wichtige Rolle. Es gab eine Flut von Bildern. Bilder mit Kindern und Frauen, die gleichsam "deportiert" werden. Kein israelitischer Soldat schätzt es, in derartigen Aufnahmen verewigt werden.

Die Bilder der schmerzhaften Umsiedlung kam sicher auch der Regierung zu nicht ganz ungelegen. Sei illustrieren vor allem der Weltöffentlichkeit, dass Israel auch zu Opfern bereit ist.

Uns hat interessiert, wie sich die Öffentlichkeit längerfristig durch den "Krieg mit Bildern" und psychologische Kriegsführung beeinflussen lässt.



Zur Kommunikation der Palestinenser

Die Palestinänser waren auf Bildern zu sehen, in denen sie wie Sieger Fahnen winken und jubeln. (vgl. dazu den Aktuellbeitrag vom 25. Januar 2001, in einem Nachtrag zur Thematik: "Macht der Bilder".)
Elie Wiesel, ein Friedensnobelpreisträger von 1986 meint in einem New York Times übersetzten Artikel, dass die Reaktionen der Palistinenser nicht geschickt sei. Die Siegesfreude sei kontraproduktiv. Er errinnert an die Sprüche Solomons in der Bibel, der meint:

"Freue dich nicht über den Fall deines Feindes".


Auch die palestinensische Regierung habe die Umsiedlung als wertlos beiseite gewischt.

Siedlungsräumung und Kommunikation

Wie zu erfahren war, führte Sharon keine Gespräche mit den Siedlern. Diejenigen, die jetzt ausgewiesen werden, wurden dort einst gezielt angesiedelt, vom Staat abgesegnet. Nun werden die Familien wie heisse Kartoffeln fallen gelassen. Wer die Siedlung freiwillig räumt, erhält keinen angemessenen Ersatz. Die meisten Siedler fühlen sich völlig unverstanden. Sie vermissten den Dialog und die persönlichen Gespräche. Sharon hat die Mehrheit der israelischen Bevölkerung hinter sich und konnte das Image Israels in der Weltöffentlichkeit verbessern. Sharons Sturheit wird von vielen als Stärke ausgelegt. Die Geschichte mit der Räumung hat somit viel mit interner und externer Kommunikation zu tun.


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