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www.rhetorik.ch aktuell: (1. Juli, 2005)

Jürg Marquards Kritikunfähigkeit





Im Zischtigclub vom 28. Juni 2005 im Schweizer Fernsehen DRS musste sich der Verleger Jürg Marquard, (Co- Produzent "Traumjob") der Kritik stellen. Würde diese Sendung als Assessmentbestandteil für den "Traumjob" Hauptdarsteller Marquard zählen, so hätte er versagt und er müsste ausscheiden.

Die lebhafte Diskussion mit Thomas Schäppi, Hubertus G. Tschopp, Elisabeth Wieland, Mirjam Ackermann, Martin Bachofner und Otto Schoch leitete Ueli Heiniger - ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.


Es ging um Fragen, wie:
  • Hat der Unternehmer Jürg Marquard mit seiner extravertierten Art der Sendung geschadet oder hat seiner polarisierenden Art der Serie eher zu besseren Einschaltquoten verholfen?
  • Sind die Kritiker missgünstige Moralisten ohne Ahnung von modernen Unterhaltungsformaten?
  • Ist die Werbeplattform Marquards als Unternehmer mit der Funktion als Co-Produzent zulässig? (Ist es Eigenwerbung?)


Die auf SF1 ausgestrahlte Serie "Traumjob - nur einer schafft es" mit dem Verleger Jürg Marquard als Co-Produzenten war von verschiedenen Seiten unter Beschuss geraten. So hatte der Publikumsrat des Schweizer Fernsehens DRS fehlende Nähe zum Wirtschaftsleben und zum Auswahlverfahren von Führungskräften bemängelt.
Die elfteilige Serie "Traumjob - nur einer schafft es" wurde im Schweizer Fernsehen DRS ab 17. April 2005 ausgestrahlt. Darin kämpften zwölf überdurchschnittlich gut ausgebildete, erfolgsorientierte Kandidaten um den "Traumjob. Jürg Marquard, der Co-Produzent der Serie entscheid jeweils am Ende jeder Episode, welcher der Kandidaten ausscheiden sollte. Der Sieger Martin Bachofner gewann einen hochdotierter Manager-Job bei der international tätigen Marquard Media Gruppe. Das Format von "Traumjob" gleicht der US-Show "The Apprentice" mit Donald Trump.


Zudem bezeichnete die Mehrheit der Ratsmitglieder Marquard als Selbstdarsteller und das Zur-Schau-Stellen seines Reichtums als abstossend. Auf Kritik stiess die Person Marquards mit eindeutigen Worten beim DRS-Ombudsmann Otto Schoch. Nach dieser negativen Beurteilung geriet Marquard auch in der Presse in die Negativschlagzeilen. Die Fernsehsendung "Traumjob" geriet zusätzlich ins Visier des Bundesamtes für Kommunikation. Es bestand der Verdacht auf Verletzungen von Werbe- und Sponsoringbestimmungen.

Gegenstand eines Verfahrens wird demnächst die Präsentation des Hotels "Victoria-Jungfrau" in Interlaken. Gemäss Bernhard Bürki, dem Sprecher des Bundesamtes für Kommunikation ist das Verfahren wegen der Präsentation des Hotels exemplarisch. Geprüft werde, ob das Hotel Leistungen, wie beispielsweise Mahlzeiten und Übernachtungen für Kandidaten und das Filmteam erbracht hat.

Otto Schoch, Rechtsanwalt von Radio und Fernsehen DRS, hatte als Ombudsmann lediglich die Sendung zu beurteilen, nachdem ihm zahlreiche kritische Schreiben zugestellt worden waren. In Schochs Beurteilung kam Jürg Marquard nicht gut weg.

In der Runde am Dienstagabend erstaunte nun, wie eine Persönlichkeit, die Bewerber kritisch beurteilen muss, sich selbst in einer Stresssituation verhält. Es war erstaunlich, dass der erfahrene Manager in einer Fernsehrunde dermassen versagen konnte, bei der es um persönliche Kritik ging.


Zu Jürg Marquard im Zischtigclub:

  • Er war ein schlechter Zuhörer. Er schaute gelangweilt weg, wenn andere sprachen, unterbrach ständig die Kontrahenden und schüttelte oft unwillig den Kopf.

  • Es mangelte ihm an Selbstkritikfähigkeit.

  • Er reagierte mimosenhaft auf jede kritischen Bemerkung.

  • Kritik konterte er mit Rechtfertigungen oder mit Gegenangriffen. Einmal nahm er sogar den Ombudsmann ins Verhör, als sei dieser auf der Anklagebank.

  • Kritik begegnete Marquard oft mit einem fiesen, arrogant und überheblich wirkenden Lächeln.


Müsste Marquards Verhalten bei einem Kritikgespräch von einem Expertenteam beurteilt werden, so käme er sehr schlecht weg. Begründung: Jürg Marquard ist unfähig, Kritik anzuhören oder Kritik entgegenzunehmen. Seine Heftigkeit auf kritische Bemerkungen gibt dem Publikum zu denken. Aus unserer Sicht stimmte bei diesem reichen, erfolgreichen Unternehmer an diesem Abend Verschiedenes nicht. Die Analyse überlassen wir den Psychologen. Seine nervöse, ungehaltene Art rechtfertigte Marquard damit: Er sei ein Gerechtigkeitsfanatiker und könne unberechtigte Kritik nicht ertragen.

Während der Sendung nahm Marquard vor allem den Ombudsmann Otto Schoch ins Visier: Er warf ihm vor, er habe mit seinem Bericht auf die Person gezielt, nicht auf die Sache. Ein Ombudsmann sei verpflichtet, Beanstandungen lediglich zu prüfen und müsse gemäss Auftrag versuchen zu vermitteln. Schoch habe jedoch nicht vermittelt, nur verurteilt.

Jürg Marquard wollte nicht einsehen, dass es bei den Beanstandungen vor allem um seine Person ging. Denn nur er stand bei allen Beanstandungen im Zentrum der Kritik. Deshalb musste der Ombudsmann zum Verhalten der Person Marquard Stellung nehmen. In diesem Fall war der Ombudsmann nicht verpflichtet, zwischen Publikum und betroffener Person zu vermitteln. Es wurde von ihm erwartet, dass er die Sendungen betrachtet und zu den Vorwürfen konkret Stellung nimmt. Dies tat Otto Schoch mit eindeutigen Worten.

Hätte Jürg Marquard aufgrund des Auftrittes im Zischtigclub beurteilt werden müssen, ob er selbst zu einen Traumjob tauge, wäre ihm aufgrund seines Verhaltens gewiss eine Absage erteilt worden. Er wäre mit den üblichen Worten entlassen worden: Sie verstehen gewiss, dass wir Sie nicht brauchen können. Sie können leider noch nicht mit Kritik umgehen!

Es ist vermutlich damit zu rechnen, dass Marquard bei der zweiten Staffel wieder dabei sein wird und er nicht entlassen wird. Denn die Einschaltquoten scheinen gesichert. Hohe Einschaltquoten dürfen aber nicht mit Qualität gleichgesetzt werden. In deutschen Formaten können wir immer wieder sehen: Ob ein fragwürdiger Moderator über die Klinge springen muss, entscheidet in erster Linie die Einschaltquote. Stefan Raab müsste längst entlassen worden sein, wäre bei ihm der Umgang mit Menschen ausschlaggebend.




Nachtrag vom 2. Juli: Resultate einer "Traumjob"-Umfrage.

Die Trägerschaftsvereine der SRG Deutschschweiz haben unter www.mitreden.ch eine Plattform für den SRG-kritischen Diskurs eingerichtet. Auch im Internet gibt es damit Zuchtmeister. Das Publikum hat die Möglichkeit, Sendungen zu beurteilen. Die Trägerschaftsvereine wollten wissen, was das Publikum von der publizistischen Show "Traumjob" hielt. 99 Personen nahmen Stellung
  • 41 Prozent fanden die Sendung spannend und unterhaltend
  • 21 Prozent durchschnittlich und 27 Prozent langweilig
  • 33 Prozemt stimmtem dem Urteil "bedenkliche Sendung, dem Zeitgeist entsprechend" zu
  • 24 Prozent der Meinung "Hybrides Format mit grossem Potenzial"
  • 24 Prozent erhielten einen "unterhaltenden Einblick in die Führungsebene moderner Unternehmen"
  • 27 Prozent fanden, SF DRS solle solche Sendungen den Privaten überlassen.
So wurde Jürg Marquard beurteilt:
  • 33 Prozent fanden ihn selbstverliebt
  • 33 Prozent fanden ihn egoistisch
  • 27 Prozent fanden ihn freundlich
  • 24 Prozent fanden ihn unglaubwürdig
  • 21 Prozent fanden ihn jovial
  • 18 Prozent fanden ihn glaubwürdig
  • 0 Prozent fanden ihn bescheiden
  • 0 Prozent fanden verhalten/reserviert
Internet Umfragen, (obwohl mit 99 Antworten alles andere als representativ), können eine hilfreiche Ergänzung zu den Urteilen von Fachpersonen sein.




Zur konkreten "Traumjob" Kritik von Ombudsmann Otto Schoch:

Der DRS-Ombudsmann zeigte gemäss "Tagesanzeiger Magazin" viel Verständnis für die vielen verärgerten Schreiben, die ihn erreichen. Seiner Ansicht nach ist die Sendung "unrealistisch und vermittle ein absolut unzutreffendes Bild von dem, was man sich unter Entscheidungsprozessen in der Wirtschaft vorstellen müsse."

Schoch störte sich vor allem an Marquards Hang, sich selber zu inszenieren und findet dies unsympathisch. Die Serie laufe Gefahr, zu einer breitspurigen Jürg Marquard-Personalityshow zu verkommen. Mit seiner Kritik an Marquard zielt der Ombudsmann auch auf die Sendeverantwortlichen von SF DRS. Er wirft Ihnen mangelndes Fingerspitzengefühl bei der Auswahl der Unternehmer-Persönlichkeit vor.


Nachtrag vom 20. Juli, 2005: Das Bakom rügt SF-DRS: In "Traumjob" wurden Sponsoringbestimmungen verletzt.

Gemäss "Tagesanzeiger" beanstandet das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) in seinem Aufsichtsentscheid die Deklaration des Sponsors Hotel Victoria-Jungfrau in Interlaken. Das Sponsoring sei nur ungenügend genannt worden, zudem habe das Hotel einen Werbeauftritt erhalten. Und das ist Schleichwerbung.

Wie das Bakom mitteilt, müssen Sponsoren von Fernsehsendungen jeweils zu Beginn wie auch am Schluss der gesponserten Sendung klar benannt werden. Die SRG habe bei ihrem Format "Traumjob" diese Bestimmung nicht eingehalten. Sie liess sich vom Hotel zahlreiche Übernachtungen offerieren, was aber nur in der dritten Folge der Sendung im Abspann verdankt worden sei.

Nach Auffassung des Bakom hat die SRG dem Hotel zudem in einer Folge der Sendung zu einem werblichen Auftritt verholfen, obwohl in gesponserten Sendungen keine Aussagen über die Produkte des Sponsors gemacht werden dürfen. Das Fernsehen habe in Missachtung dieser Bestimmung einen zweieinhalbminütigen Clip ausgestrahlt, in dem den Zuschauern die Vorzüge des Hotels präsentiert worden seien.




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