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Zermürbt von der beispiellosen Niederlagenserie im Kieler Landtag
warf Deutschlands erste und bisher einzige Ministerpräsidentin
Heide Simonis das Handtuch.
"Ich werde für ein Amt nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ich habe eine solch persönlich verletzende Situation noch nie
erlebt"
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sagte die SPD-Politikerin, Bezug auf das Wahldebakel vom
Donnerstag. Simonis ist seit 1993 Regierungschefin im
nördlichsten Bundesland.
"Gegen offene Messer zu kämpfen, ist nicht leicht, aber in der
Politik manchmal notwendig. Gegen einen hinterhältigen Dolchstoss
jedoch gibt es keine Abwehrmöglichkeiten."
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hiess es weiter.
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Simonis war im Landtag in vier Abstimmungsdurchgängen gescheitert.
Obwohl die Koalitionsparteien SPD und Grüne zusammen mit
dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der die
Minderheitenregierung tolerieren wollte, auf die notwendige Mehrheit von
35 Abgeordneten gekommen waren, hatte Simonis in vier Wahlgängen
lediglich 34 Stimmen erhalten. Jemand aus der eigenen Partei musste
Simonis in den Rücken gefallen sein.
Das Wahldrama hatte Folgen. Simonis wollte zuerst vor den Medien nichts
sagen. Der Schlag erschütterte die SPD - auch den Bundeskanzler.
Die SPD-Bundesspitze drängte verständlicherweise auf eine
schnelle Lösung der unverhofften Krise.
Focus berichtete: Simonis verdächtigt ihren Kronprinzen Stegner
als Abweichler. Im Polit-Krimi in Kiel entbrannte sehr schnell die
Jagd auf den Verräter" von Heide Simonis. Im Kieler Landeshaus
gab es nur noch ein Thema:
Wer ist der Heide-Mörder (taz), der Simonis
in vier Wahlgängen die Stimme versagte und sie damit zum Rücktritt
zwang?
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Nach einem Bericht des Magazins Focus soll Simonis bei einem Treffen mit
Vertrauten am Donnerstag abend in der Staatskanzlei ihren Kronprinzen
und Finanzminister Ralf Stegner (SPD) als möglichen Abweichler
erwähnt haben.
In der Runde (der Minister war offenbar nicht dabei) sei gesagt worden,
dass Stegner intellektuell und emotional in der Lage sei, eine solche
Intrige eiskalt durchzuziehen.
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Stegner hatte direkt nach dem Abstimmungsdebakel in einem offenen Brief
von einem schäbigen und charakterlosen Verrat und einer ehrlosen
Schweinerei" geschrieben. Und zog den Verdacht damit ausgerechnet auf
sich selbst. Ein "Bild" Journalist fragte hierauf Stegner:
Sind Sie derjenige, der sich der Stimme enthalten hat? Stegner:
Nein, wirklich nicht, nein!
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Simonis will bereits rechtliche Schritte gegen das Magazin "Focus"
einleiten. Regierungssprecher Gerhard Hildenbrand:
Die Ministerpräsidentin hat nirgendwo ihren Finanzminister Ralf
Stegner als möglichen Abweichler bezeichnet oder erwähnt. Es
habe aber gar keine solche Runde in der Staatskanzlei gegeben.
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Tatsache bleibt: Simonis Kronprinz hätte als einer der wenigen von
ihrer Niederlage profitieren können. Denn im Fall eines erneuten
Koalitions-Versuchs von SPD und Grünen unter Tolerierung der
dänischen Minderheitenpartei SSW hätte er Ministerpräsident
werden sollen.
Unter Verdacht stehen aber auch Abgeordnete, die sich für eine
grosse Koalition aus SPD und CDU ausgesprochen hatten oder bei der
Ämtervergabe übergangen wurden.
Kommentar:
Vermutungen, Gerüchte und Vorverurteilungen sind sehr
gefährlich. In der Praxis zeigt sich , dass Frust rasch zu
Verdächtigungen führt. Frustrierte brachen einen Blitzableiter
(einen Sündenbock).
Mutmassungen, Verdächtigungen, vorschnelle Interpretationen tragen
aber nie zu einer Entspannung der gereizten Stimmung bei. Es lohnt sich
deshalb immer, zuzuwarten, bis Fakten auf dem Tisch liegen. Wir sind
überzeugt, dass mit der vorschnellen Jagd auf den "Judas" der Krimi
weiter eskalieren wird.
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