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www.rhetorik.ch aktuell: (17. März, 2005)

Jürgens unbedachtes Plappern



Entertainer Udo Jürgens bekam eine unbedachte Äusserung über die Sexualität von reiferen Frauen zu spüren. Jürgens musste sich rechtfertigen:

"Ich hatte Stress, war nicht richtig konzentriert bei dem Interview. Ich habe all das in Hamburg vor einem für mich wichtigen Konzert geäussert vor 1200 Medienleuten, was mich besonders nervös gemacht hat. Ich hatte grosses Lampenfieber. Und ich befürchte, ich habe mich an dieser Stelle absolut falsch ausgedrückt. Dafür entschuldige ich mich. Bei all jenen Frauen, deren Gefühle ich verletzt habe. Ich bedaure das zutiefst."


Wegen einer unüberlegten Bemerkung, die Millionen Frauen tief gekränkt hat, kämpft Udo Jürgens um seinen guten Ruf. Nach einer Agenturmeldung klagte Jürgens am 9. März das "Bild am Sonntag" an: er habe es nicht so gesagt, wie es geschrieben worden sei. "Bild" behauptete, der Musiker habe gesagt:

"Das sexuelle Leben entwickelt sich im Alter auseinander. Das müssen wir akzeptieren. Mann und Frau sind viel unterschiedlicher, als die Gesellschaft es wahrhaben will. Frauen können eigentlich nur bis Ende 30 Kinder bekommen. Danach ebbt auch ihr Interesse an Sexualität merklich ab. Das ist wissenschaftlich nun mal erwiesen."


Jürgens ärgerte sich :

"Ich werde jetzt mit meinen 70 Jahren als alter Sack gesehen, der nicht den geringsten Respekt vor Frauen hat. So ein Schwachsinn. So habe ich das nie gemeint. Mir tut es unendlich leid, wenn ich falsch verstanden wurde."


Jürgens, gefragt, was er denn sagen wollte:

"Ich habe vor mich hin philosophiert. Ich bin überzeugt, dass die biologischen Uhren von Männern und Frauen tatsächlich anders ticken. Das ist wissenschaftlich erwiesen! Aber das heisst nicht, dass die Sexualität ab Ende 30 für Frauen endet. Ich meinte, dass sowohl Frauen als auch Männer beginnen, bewusster und behutsamer mit Sexualität umzugehen. Wir gehen ab einem bestimmten Alter nicht mehr so leichtfertig Affären ein. Wir werden reifer, erwachsener, sorgfältiger in unserer Auswahl der Sexpartner. Besonders schlimm für mich ist, dass all die Damen, die ich angeblich angegriffen haben soll, völlig entspannt reagieren aber ihre Männer nicht. Sie beschimpfen mich nun und verletzen mich."


Auf die Frage, was die Ehefrau Corinna mit ihren 44 Jahren eigentlich zu der ganzen Geschichte sage, antwortete Jürgens in einem Interview im "Bild":

"Wir waren gestern abend gemeinsam essen. Sie hat mich unheimlich getröstet. Sie meinte, ich habe einfach Pech gehabt, weil ich mein Herz auf der Zunge trage. Sie sagte, ich solle mich manchmal besser beherrschen. Sie weiss, dass ich das nie so gemeint haben kann."




Wir finden: Philosophieren heisst laut denken. Jürgens hat nicht philosophiert, sondern einfach unbedacht vor sich hin geplaudert. Ein Profi und mediengewandter Mann muss wissen, dass jedes Wort - öffentlich ausgesprochen - Folgen haben kann. Einem Udo Jürgens dürfte so ein Faux pas (es war im Grunde genommen eine Publikumsbeschimpfung) nicht unterlaufen. Die Selbstschutzbehauptung, er sei nervös gewesen - wegen der vielen Medienleuten - wirkt für uns als plumpe "faule Ausrede". Wenn jemand wissen müsste, wie man mit Lampenfieber umgeht, so ist dies Udo Jürgens. Ob Jürgens Stammpublikum, meist reifere Damen, sein "Mea Culpa" ernst nehmen werden?




Fazit: Was ich meine und denke muss mit dem übereinstimmen, was ich sage. Ein Radfahrer schaltet vor einem steilen Berg bewusst hinunter. Ein erfahrener Rhetoriker hält sich auch an den bewährten Spruch: Klappe halten - runter schalten




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