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www.rhetorik.ch aktuell: (23. Februar, 2005)

Das Mörgeli-Villiger Duell





Christoph Mörgeli hatte kritisiert, dass die Swiss mit goldenen Versprechen angepriesen worden sei und nun, da etappenweise vier Milliarden Franken vernichtet worden seien, niemand mehr die Verantwortung übernehmen wolle. Die SVP will es Bundesräten sowie hohen Bundesbeamten untersagen, nach ihrer Amtszeit bezahlte Mandate von Firmen anzunehmen. Im Visier hatte die Partei vor allem alt Bundesrat Kaspar Villiger. Mörgeli wollte zwar dem ehemaligen Finanzminister nicht direkt Käuflichkeit vorwerfen, sprach aber von einem unguten Gefühl. Villiger sei nach seiner Kehrtwende beim Swiss-Engagement und nach seinem Rücktritt mit hoch dotierten Verwaltungsratsmandaten belohnt worden, kritisierte der SVP-Nationalrat. Zudem forderte er, dass die persönliche Verantwortung eines einzelnen Bundesrates bei grobfahrlässigen Fehlentscheiden geklärt wird.


Alt Bundesrat Kaspar Villiger will die Vorwürfe von SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli im Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte der Fluggesellschaft Swiss nicht hinnehmen. Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats soll durch eine ihrer Subkommissionen die Vorwürfe untersuchen, fordert Villiger.

Der ehemalige Finanzminister sieht vorerst keine Veranlassung für allfällige zivil- und strafrechtliche Schritte, behält sich diese aber ausdrücklich vor.

Mörgeli bezweifelt seinersseits die Unabhängigkeit der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates. Der Rat, der damals Villigers Empfehlung unterstützt hatte, könne den Sachverhalt nicht unabhängig beurteilen.

Die Fortsetzung des Duells "Mörgeli- Villiger" ist vorprogrammiert: Alt-Bundesrat Kaspar Villiger kann die happigen Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen. Und Nationalrat Mörgeli will das Gesicht nicht verlieren. Er ist nun gefordert, Beweise auf den Tisch zu legen, die bestätigen, dass die Unterstellungen stimmen können.




Nachtrag vom 24. Februar, 2005

Die Position Mörgelis:

Zurücktretenden Bundesratsmitgliedern und höheren Beamten will die SVP verbieten, bezahlte Mandate anzunehmen. Engagements in einem eigenen Unternehmen oder im Ausland seien selbstverständlich möglich, betonte Ueli Maurer Hintergrund dieser Forderung sind schwere Vorwürfe der SVP an den ehemaligen Bundesrat Kaspar Villiger. Im Herbst 2001 habe Villiger eine Bundesbeteiligung an der damaligen Swissair ausgeschlossen, kurze Zeit später aber seine Meinung geändert, erklärte Christoph Mörgeli. Kurz nach seinem Rücktritt habe Villiger Verwaltungsratsmandate von Unternehmen erhalten, deren Verwaltungsräte mit der gescheiterten Swissair verbunden waren. Solche Zusammenhänge legten nahe, dass Villiger die Mandate für seine Mithilfe bei der Geldbeschaffung für die Swiss zugesichert worden seien. Beim ihm hinterlasse dies ein "ungutes Gefühl", so Mörgeli. Derartige Vorgänge beeinträchtigten die Glaubwürdigkeit der Regierungsmitglieder.

Was sagt der Jurist?

Die SVP-Attacke auf Kaspar Villiger könnte nach Tagesanzeiger juristische Folgen haben. Nachdem Villiger lukrative Verwaltungsratsmandate bei Nestlé, Swiss Re und NZZ erhalten hat, glaubt Mörgeli zu wissen, weshalb. Rainer E. Gut sei ja nicht nur VR-Präsident der Nestlé gewesen, sondern auch langjähriges Mitglied des Verwaltungsausschusses der Swissair und "einflussreicher Drahtzieher hinter dem Swiss-Engagement". Der Vizepräsident der Swiss Re, Walter Kielholz, sei auch Vizepräsident der Credit Suisse, in der Rainer E. Gut langjähriger VR-Präsident war. Und Eric Honegger, einst VR-Präsident der Swissair, habe gleichzeitig den Verwaltungsrat der NZZ präsidiert. "Solche Zusammenhänge legen nahe, dass dem damaligen Finanzminister entsprechende Mandate für seine tatkräftige Mithilfe bei der Beschaffung öffentlicher Finanzen für die Swissair/Swiss in Aussicht gestellt wurden", kritisiert Mörgeli. Beweisen kann er den happigen Vorwurf aber nicht. Stattdessen beruft er sich auf sein "ungutes Gefühl" "Ich hoffe, dass Villiger das klarstellt" Für Strafrechtsprofessor Stefan Trechsel ist damit der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt. "Kaspar Villiger hätte gute Chancen, wenn er Strafantrag stellen würde." Allenfalls liege gar eine falsche Anschuldigung vor, was ein Offizialdelikt wäre und von den Behörden selbst dann verfolgt werden müsste, wenn Villiger auf eine Klage verzichten würde. In diesem Fall müsse man Mörgeli aber nachweisen können, dass er wider besseres Wissen gehandelt habe, was schwierig sein dürfte. Die Berner Staatsanwaltschaft hat denn auch noch kein Strafverfahren eingeleitet. Laut dem stellvertretenden Generalprokurator Felix Bänziger würde sie aber ein solches eröffnen, sollte Villiger oder eines der Unternehmen klagen. Christoph Mörgeli fände das falsch: "Man sollte über die Sache reden, statt Leute einsperren." Seiner Ansicht nach ist er durch einen Bundesgerichtsentscheid von 1980 geschützt. Dieser erlaubt einer Amtsperson, ehrenrührige Fakten zu erwähnen und zu werten. Bedingung ist allerdings, dass die Person "nicht über das Notwendige hinausgeht". Das sei er bestimmt nicht, beteuert Mörgeli und verweist überdies auf seine parlamentarische Immunität.

Villiger schweigt

"Nach allem, was mit der Swiss passiert ist, kann man nicht gut anders, als übel darüber reden", findet er. Villiger müsse jetzt hinstehen und Stellung nehmen. Das findet auch CVP-Präsidentin Doris Leuthard, die von Mörgelis Unterstellung allerdings wenig hält: "Ich hoffe, dass Kaspar Villiger reagiert und dies klarstellt." Doch Villiger schweigt. Er war weder am Dienstag noch am Mittwoch für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch Nestlé, Swiss Re und NZZ wollen die Unterstellung nicht kommentieren. "Wer ist schon Christoph Mörgeli?", fragt Nestlé-Sprecher François Perroud.




Nachtrag vom 1. März: Folgen der Villiger Attacke Wir teilen die Meinung, dass Christoph Mörgeli mit dem Angriff auf den FDP Ex-Bundesrat, der SVP einen Schaden zugefügt hat. Bei der Regierungsrat musste der SVP Favorit Bortoluzzi für das forsche Vorgehen Mörgelis büssen. Bestimmt gaben viele FDP Wähler Hollenstein von der CVP die Stimme. Hollenstein erhielt viel mehr Stimmen. Niemand der drei Kandidaten erreichte zwar das absolute Mehr. Es ist denkbar, dass im zweiten Wahlgang die SVP wiederumd das Nachsehen hat. Damit hätte der SVP Vordenker der Partei mit seinem Angriff auf Villiger der eigenen Partei einen Bärendienst erwiesen.


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