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www.rhetorik.ch aktuell: (26. Januar, 2005)

Pochers verbale Entgleisung im TV



Fernseh-Spassmacher Oliver Pocher muss nach seinem Einsatz in der ZDF-Show "Wetten, dass...?" mit Ärger rechnen: Er hatte einer Frau, die an einer Zuschauerwette teilnehmen wollte, geraten, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen. Die Dame fand das gar nicht komisch und rief einen Anwalt auf den Plan.

Nach Angaben der Anwaltskanzlei soll Pocher zur Frau gesagt haben,


"Sie sehen für ihr Alter alt aus, aber wir haben da im Übrigen eine schöne Operationsshow bei 'ProSieben', da könnte ich Sie mal vorstellen".


Die 28-jährige Frau Dana Gottschalk - sie ist nicht mit Moderator Thomas Gottschalk verwandt - verlangt 25'000 Euro Schmerzensgeld.

Die Bemerkung sei eine "verbale Entgleisung", hiess es aus der Anwaltskanzlei in Stadthagen in Niedersachsen. Pochers Äusserung sei "menschenverachtend und diskriminierend", die Mandantin sei "als Frau beleidigt und blossgestellt" worden.

Pocher ist eigentlich bei 'ProSieben' ("Rent a Pocher") unter Vertrag. Das ZDF hatte den gebürtigen Hannoveraner aber für die Moderation der Aussenwette in seiner Heimatstadt verpflichtet. Für die Wette sollten sich am vorigen Samstag 1000 Menschen unter Pochers Aufsicht die Haare orange sprühen lassen. Nicht nur der Hinweis zur "Schöheitsoperation", auch eine andere Bemerkung hatte ebenfalls Befremden im Publikum ausgelöst:

Weil für die Stadtwette Friseure gebraucht würden, sollten alle Homosexuellen zum Rathausplatz kommen, sagte Pocher.


Stefan Raab kam ein vermeintlicher Scherz auf Kosten einer jungen Frau teuer zu stehen. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte ihn zur Zahlung von 70'000 Euro Schmerzensgeld. Raab hatte in seiner Sendung "TV Total" Bilder von einer Misswahl aus dem Jahr 2001 gezeigt, bei der die damals 16-jährige Gymnasiastin Lisa Loch aufgetreten war. Raab hatte anzügliche Witze über den Namen der Frau gemacht. Die Richter sahen Raabs Äusserungen als schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts und gaben der Klägerin Recht.

Bei Pocher pocht der Anwalt


Mit dieser rhetorisch geschicken Schlagzeile musste Pocher rechnen.



Pocher ist wie Raab bekannt für seine schnoddrigen Scherze unterhalb der Gürtellinie. Die Angebote von Produktionsfirmen sprechen für sich:

"Meistens wollen sie mich für üble Teenie-Wichs-Furz-Scheiss-Komödien."


sagte Pocher in einem Interview.


Die Peinlichkeitsgrenze seiner Show "Rent a Pocher" liege "ausser Sichtweite", sagte er kürzlich der Zeitschrift "Max". Zuschauer können in der Sendung den Moderator mieten und für mehr oder weniger komische Aufgaben heranziehen.

In einer Sendung stieg Pocher in ein Hundekostüm, lief auf allen Vieren durch einen Park und schnüffelte an den Geschlechtsteilen von Hunden.


Es mag Leute geben, die das lustig finden, die sind aber sicher nicht in der Mehrzahl.

"Der grobmotorisch hampelnde Moderator liefert in seinen Studio-Faxen vor hysterischem Publikum und in seinen Einspielfilmen überwiegend präpubertären Schulhofhumor, der mangels Originalität nicht einmal Trash-Wert besitzt",


urteilte die "Frankfurter Rundschau".




Nachtrag vom 13. Januar, 2006: Oliver Pocher wurde Zu 6'000 Euro Schmerzensgeld verurteilt:: Das Landgreircht Hannover hat Oliver Pocher zu einer 6000 Euro Schmerzensgeldbusse verurteilt. Pocher hatt in einer "Wetten, dass...?"-Sendung der 29-jährigen Dana Gottschalk gesagt, sie sehe ganz schön alt aus für ihr Alter. Weiter bemerkte er, er könne sie für eine Operationsshow bei ProSieben vorschlagen. Gottschalk hatte 35'000 Euro Schmerzensgeld gefordert.

Die Richterin kritisierte auch Gottschalks Verhalten nach dem Vorfall. Sie sei in Talk-Shows aufgetreten und habe so dafür gesorgt, dass Pochers Äusserungen "in der Öffentlichkeit präsent geblieben und möglicherweise weiter verbreitet" worden seien. Pochers Aussagen seien jedoch eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Er habe sie grundlos und bewusst mit herabsetzenden Äusserungen überzogen, mit dem Zweck, sich auf ihre Kosten zu profilieren.

Dana Gottschalk muss 83 Prozent der Prozesskosten übernehmen und Pocher 17 Prozent.


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