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In der jüngsten Ausgabe der "Schweizer Illustrierten" debütieren
folgende Nationalrätinnen als Models:
- Evi Allemann (SP)
- Christa Markwalder (FDP)
- Pascale Bruderer (SP)
- Maya Graf (Grüne)
- Gabi Huber (FDP)
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Nach unserem Dafürhalten sollten Nationalrätinnen in erster
Linie politische Inhalte vermitteln und sich nicht als lebendige
Kleiderständer zur Verfügung stellen, um für Marken-
Hosenanzüge, Pumps und als Werbeträger für schicken Schmuck
zu dienen. Wahrscheinlich hatten die betroffenen Frauen damit keine
Probleme. Sie glaubten möglicherweise, ihre Abbildung in der "SI"
fördere ihren Bekanntheitssgrad und damit könnten sie - dank
der Publizität - später ihre politischen Botschaften besser
"verkaufen". Wir sehen jedoch im Posieren eher eine Auswirkung der
verbreiteten Krankheit "Mediengeilheit".
Nach der Berner Politologin Regula Stämpfli gibt es zwei Arten von
Öffentlichkeit, die Personen suchen müssen:
- Die eine dient den sogenannt 'Prominenten' als Raum zur Selbstdarstellung
und Steigerung der Bekanntheit. Den Preis dafür zahlen die Stars
dann mit einer Vermischung ihres privaten und öffentlichen Lebens.
- Die andere Öffentlichkeit hat den Zweck der Beteiligung an politischen
und wissenschaftlichen, künstlerischen Auseinandersetzungen. Dabei
steht das Thema im Vordergrund, nicht die Person. So vermischen sich
Öffentlichkeit und Privatsphäre nicht.
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Von gewählten Politikerinnen erwartet Stämpfli, dass sie
nicht sich selbst, sondern die zu lösenden politischen Probleme
thematisieren. Sie verfassen Berichte, arbeiten innerhalb und ausserhalb
der Partei für "ihre" Themen, schliessen politische Kompromisse,
ect. Und kommunizieren "ihre" Politik, für welche sie auch
gewählt wurden.
Ob Christa Markwalder einen Hugo Boss Anzug
trägt oder nicht, erklärt mir nicht ihre Haltung zu den
bilateralen Verträgen. Pascale Bruderers Engagement zugunsten
Behinderten kommt nicht mehrheitsfähiger daher, nur weil sie in
Cordhosen von Zara posiert. Die fünf Nationalrätinnen, die
gemäss SI als "Model debüttieren", setzen mit der Verschiebung
der Rollen viel ihres politischen Kapitals aufs Spiel. Ihr Auftritt als
"politisch, modisch, chic" hat keinen Inhalt, sondern nur Darstellung
und dient ausschliesslich ihrer persönlichen Vermarktung.
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Regula Stämpfli stellt die berechtigte Frage:
Ist Modelling das erste, was gewählte Politikerinnen gut tun
können müssen?
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Interessanterweise sind in der SI genau jene Nationalrätinnen
als Models dargestellt, die sich auch gegen die Männerdominanz im
Bundesrat wehren. Regula Stämpfli findet deshalb:
"Etwas mehr frauenpolitisches Fingerspitzengefühl wäre
daher eigentlich selbstverständlich: Models werden immer leichter
abgewählt als politisierende eigenständige Frauen!"
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Die Berner Politologin Regula Stämpfli lebt und arbeitet in
Brüssel und in der Schweiz. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin
für Politik und politische Philosophie an diversen Bildungsanstalten
(Die Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern, CASIN in Genf, Hochschule
für soziale Arbeit in Ghent, Weiterbildung Medizinstudierende
Uni Zürich, Gemeinde- und Kulturorganisationen u.a.) hat sie
zahlreiche Artikel, Kolumnen und Bücher publiziert.
Quelle: www.regulastaempfli.ch
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Auch wir teilen die Meinung, das wir bei Politikerinnen auf gutangezogenen
Aufziehpuppen, politische Barbie mit Traumberuf "Model" verzichten
können. Die modellierenden Politikerinnen haben tatsächlich
mit ihrem Auftritt einiges ihres politisch bisher positiven Profils aufs
Spiel gesetzt.
Weshalb ist die SI nicht selbstironisch auf die Bilderinszenierung und
Schönheitsfixierung eingegangen? Information wäre auch in
einem People Magazin eine wertvolle Bereicherung gewesen.
Fazit: Selbstdarsteller und Selbstdarstellerinnen sind sich in der
Regel zu wenig bewusst, dass vor jedem Auftritt Details geklärt
werden müssten. Die Nationalrätinnen hätten es in
der Hand gehabt, die Spielregeln mitzubestimmen. Fotografiert ist
fotografiert. Gesagt ist gesagt. Korrekturen sind nachträglich
kaum noch möglich.
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