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www.rhetorik.ch aktuell: (20. Januar, 2005)

Die Sportlerin des Jahres über Emotionen



Karin Thürig überzeugte, indem sie eindrücklich zeigte, wie eine Sportlerin die Balance zwischen Emotionen und beherrschter Sachlichkeit finden kann. Emotionen dürfen bei Kommunikationsprozessen nie ausgeklammert werden. Doch gilt es, sie so zu dosieren, dass sie Medienauftritte nicht beeinträchtigen.


Anlässlich der Verleihung der Auszeichnung hatten wir letztes Jahr die Auftritte von Simon Niggli Luder und Roger Federer in einem "Persoenlich Beitrag eingehend analysiert. Damals beurteilten wir vor allem die Rhetorik der Geehrten. Dieses Jahr möchten wir lediglich auf das Phänomen "Emotionen und Sachlichkeit" bei den Dankesworten eingehen.



Karin Thürig war bei der Auszeichnung vor dem Mikrofon durch die Emotionen so überwältigt, dass es ihr gleichsam die Sprache verschlug. Dennoch verstand sie es, die ungewöhnliche Situation zu meistern, indem sie ihren Gemütszustand thematisierte. Sie ging auf die Metaebene und sprach die Überraschung direkt an. Dieses "Reden über das Reden" war eine elegante Lösung dieses Problems. Der Auftritt packte, wirkte natürlich und echt. Wir glauben, dass die Zuschauer dieses Verhalten ebenfalls schätzten und Karin Thürig - dank ihrer Ehrlichkeit - die Herzen des Publikums einnahm.



An den Sport Awards in Bern wurde Karin Thürig als Sportlerin des Jahres 2004 ausgezeichnet. Die Weltmeisterin und Olympia-Dritte im Zeitfahren verwies Simone Niggli-Luder (OL) und Daniela Meuli (Snowboard) auf die Ehrenplätze.
Im Triathlon wie im Radrennsport gehört Karin Thürig zu den Weltbesten. In diesem Jahr hat sich die 32-jährige Luzernerin in einer speziellen Disziplin ins Rampenlicht gerückt: im Zeitfahren auf der Strasse. An den Olympischen Spielen beglückte sie die Schweizer Sportfans mit der Bronzemedaille, der ersten Olympia-Auszeichnung für die Schweiz im Strassenrennsport der Frauen. Anderthalb Monate später liess sie sich in Bardolino als Weltmeisterin feiern.

In einem längeren Interview im Radio DRS1 haben wir später erfahren, dass sich Karin Thürig ihrer Emotionen bewusst ist. Die Spitzensportlerin will Emotionen weder unterdrücken noch bewusst steuern.

"Ich bin ich und ich will mich nicht verstellen"


betonte sie immer wieder. Karin Thürig findet es am besten, wenn sie sie selbst ist. Dies ist genau das, was den Sportlern bei fachgerechten Mediencoachings empfohlen wird. Nach Karin Thüring können Emotionen nicht gewertet werden. Sie findet: Eine Sportlerin, die lautstark jubiliert, muss nicht zwangsläufig mehr Freude haben am Sieg als eine Sportlerin, die gelassen reagiert. Das Radiogespräch mit Karin Thürig machte deutlich, dass sie ihren Sport in erster Linie für sich betreibt und nie darauf bedacht ist, eine Show zu bieten. Karin Thürig trägt die Emotionen nicht bewusst nach aussen. Diese angenehme Zurückhaltung - "Ich stehe nicht extrem gern im Rampenlicht " - macht die Sportlerin besonders sympathisch.


Eine Sprachmarotte sollte Karin Thürig auf der nächsten Lernetappe beachten. (Mehr zu diesem Thema.) Im Radiointerwiew kam das Wort irgendwie zu oft vor. "Irgendwie" zählt zu den abschwächenden, vagen Hohlformeln.
  • Wenn mir irgendwie gseit händ ...
  • Wenn ich irgendwie einmal ...
Karin Thürig hat diese Spachmarotte als Profi- Frau selbst erkannt (Debriefing?). Jedenfalls haben wir diese Worthülse später nie mehr gehört.

Erkenntnis: Emotionen und Sachlichkeit müssen stets eine Einheit bilden. Sie gehören zusammen. Karin Thürig hatte sich richtig verhalten. Sie klammerte weder das Eine noch das Andere aus.




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