Rhetorik.ch


Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com

www.rhetorik.ch aktuell: (1. Januar, 2005)

Zur Tsunami Katastrophe



Tsunami Vorwarnung

Am 25. Dezember löste ein Erdbeben im Indischen Ozean ein Tsunami aus, der über hunderttausend Todesopfer forderte.
Warum gab es keine Vorwarnung? Während 9 von 10 Tsunamis im Pazifik beobachtet wurden, ist dort auch das Wissen am grössten. Auch nach dem Beben konnte die Katastrophe in diesem Fall nicht vorausgesagt werden. Das wird sich vermutlich in der Zukunft schnell ändern.

Internet und Medien

Internetseiten sollen Angehörigen bei der Suche nach Flutopfern helfen. Zum Beispiel, beim Suchportal Fluthilfe-Deutschland können Angehörige Bildern von Vermissten durchsuchen. Das Portal liefert Links zu Vermisstenlisten, Hotlines und Organisationen.

Vor allem in den ersten Tagen waren die Zahlen über die Anzahl Opfer sehr unterschiedlich. Sie ging von Hunderten zu den Tausenden, dann zu zehn Tausenden, dann in die Hunderttausende.




Sechster Sinn?



Wenig tote wilde Tiere sind gefunden worden. Das Thema eines "sechsten Sinn" kam auf. Keine toten Elephanten seien gefunden worden, meinte H.D. Ratnayake, ein Direktor des Sri Lanka Wildtierreservates.


Unglückliche Werbung

Dass nach der Flutkatastrophe im Südasien die Touristen so rasch wie möglich wieder Geld bringen sollten und nicht jahrelang auf Ferien an den Stränden verzichten sollten, wissen wir. Dass jedoch die Kuoni Tochter Helvetic am 3. Januar - wenige Tage nach dem Unglück - in ganzseitigen Zeitungsannocen die Formulierung
"So nah am Strand wie heute waren Sie schon lange nicht mehr." "...saumässig günstig."


braucht, ist werberhetorisch im Anbetracht der Situation vielleicht nicht ganz gelungen.




Nachträge vom 11. Januar 2004:

Das Geschäft mit Filmen des Desasters blüht. Wie die 'Washington Post' berichtete, werden CD's für umgerechnet 3 Euros in Indonesien verkauft.
Potsdamer Forscher haben ein System zur Vorwarnung von Tsunamis vorgeschlagen. Wie die Leute genau gewarnt werden sollen ist aber nicht klar. Hotels und Urlauber per SMS vor Tsunamis zu warnen, könnte Panik oder längerfristig zur Abstumpfung der Bevölkerung führen. Der Spiegel berichtet, dass Erhebungen der US-Raumfahrtbehörde Nasa zufolge drei von vier Tsunami-Warnungen seit 1948 Fehlalarme waren. Dass Zuverlässigkeit wichtiger ist als Schnelligkeit, zeigte sich auf Hawaii. Dort führten die Falschmeldungen dazu, dass die Bevölkerung irgendwann gar nicht mehr auf die Warnungen reagierte.




Fotos von Touristen im Katastrophengebiet gaben zu Diskussionen Anlass. Es ist natürlich sinnvoll, dass die Touristen so schnell wie möglich in die betroffenen Gebiete zurückkehren sollten und so indirekt zum Wiederaufbau mithelfen. Die Bilder von biertrinkenden Touristen an den Todesstränden wurden aber missinterpretiert.




Einmal mehr macht die Welle der Empörung bewusst, was ein Bild bewirken kann. Auch die Boulevardepresse in der Schweiz veröffentlichte die Aufnahme mit der grossaufgemachten Frage "Pervers?" in der Schlagzeile. Der "Blick" gab nun am 11. Jan. 2005 der blossgestellten Person Gelegenheit, den Sachverhalt aus seiner Sicht darzustellen. Die Person XY rechtfertige sich damit, dass er den Strand aufgeräumt habe und während einer Pause heimlich fotografiert worden sei:

"Ich reinigte den Strand. Überall lagen zerfetzte Liegestühle, Scherben oder Bootsteile."


Auf die Frage, weshalb er am Strand mit Scherben barfuss und in Badehosen arbeite, sagte Herr XY:

"Wir haben immer vorsichtig mit dem Stock vorsondiert, ob etwas im Boden steckt."


Das Bier hätten sie nur während der Pausen getrunken. Andere Touristen, darunter auch Schweizer, hätten sich daneben in Liegestühlen gesonnt. Herr XY hatte für diese Touristen - die nicht arbeiten wollten - ein gewisses Verständnis, denn das Leben müsse weitergehen. Der Fotograf habe nicht mit ihm gesprochen und habe mit einem Teleobjektiv fotografiert.

"Mit dem werde ich noch ein Wörtchen reden müssen".


versicherte der "Strandreiniger".

Kommentar: Die Aussagen des abgelichteten Biertrinkers am Todesstrand können wir natürlich nicht überprüfen. Die Begründung wirkt etwas fadenscheinig und tönt für uns nach Selbstschutzbehauptung. Anderseits gilt der Persönlichkeitsschutz für alle. Bei der Veröffentlichung des Bildes bedarf es in der Regel einer Einwilligung. Die wurde angeblich nicht eingeholt. Der betroffene Biertrinker, der die Publizität nicht gesucht hat, erlebte bei dieser Geschichte, wie man dank der immensen Verbreitung eines Bildes "weltbekannt" werden kann. Angenommen, die Begründung des Betroffenen trifft zu: Dann macht die Geschichte bewusst, wie Aufnahmen - aus dem Zusammenhang herausgerissen - Sachverhalte enorm verfälschen können.








Nachtrag vom 24. Februar 2005::

Spektakuläre Bilder auf Memory Karte.





Quelle
Nachtrag vom 26. Dezember 2005: Zum Jahrestag des Tsunamis erschienen viele Medienberichte über die Fortschritte des Wiederaufbaus und Errinnerungsfeiern in den betroffenen Gebieten. 183'000 Menschenleben hatte der Tsunami gekostet. Die "New York Times" meint, dass insgesamt 13.6 Milliarden Dollars für den Wiederaufbau gespendet worden sind.

Unter anderem wurde auch auf einen unglaublichen Zufall hingewiesen, der sicher zu Verschwörungstheorien Anlass geben würde, wäre das Erdbeben nicht eine Naturkatastrophe gewesen: Ein aus dem Jahre 1930 gemachter Holzschnitt von Hokusai, der sich in einem Unicef Kunstkalender zwischen den Seiten vom 26. -27. Dezember befunden hatte, zeigt eine riesige Welle. Ruedi Tarneden, der Sprecher von Unicef Deutschland meint, das sei reiner Zufall, er sei aber dennoch völlig verblüfft. Der Kalender war ja ein Jahr vor der Katastrophe gemacht worden.


Rhetorik.ch 1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com