Wer kennt nicht den Ausspruch:
'Taxifahrer, bitte langsam - ich habe es eilig!'
Antizyklisches Denken und Handeln lohnt sich bei vielen
Kommunikationsprozessen im Alltag.
Wenn es um Leben und Tod geht, beispielsweise im
Operationssaal, strahlt der Chefarzt trotz Zeitdruck und Hektik bewusst
Ruhe aus, spricht langsamer, überlegt länger.
Er lässt die Anordnungen wiederholen. Dieses antizyklische Verhalten
scheint ein Zeitverlust zu sein. Doch wird der angebliche Zeitverlust
letztlich zum Zeitgewinn. Das gegenteilige Verhalten lohnte sich.
Die Praxis bestätigt immer wieder, dass das Schlüsselwort
'Antizyklisches Verhalten' viel ernster genommen werden müsste.
Nachfolgend einige Beispiele, wie und wo bewusst Gegensteuer gehalten
werden könnte:
Vorsicht bei überschwenglicher Freundlichkeit
-Keine Angst bei rüden Tönen.
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Kommuniziert jemand
überfreundlich, ist Skepsis berechtigt.
Auch Insekten erleben es: Der süsse Honig kann gefährlich sein,
er ist klebrig. Vorsicht ist angebracht. Grobschlächtiges Verhalten
bedeutet hingegen in den wenigsten Fällen eine Gefahr.
Hinter einer rauen Schale steckt vielfach ein weicher Kern.
Deshalb reagieren wir bei grobschlächtigem Verhalten eher freundlich.
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Wenn es laut tönt: Bewusst leise reden - Bei faden Aussagen
(leiser Stimme): Kraftvoller sprechen.
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Bei lauten Stimmen bewährt sich eine bewusste Zurückhaltung
im dynamischen Bereich.
Auch das antizyklische Verhalten bei kaum hörbaren Äusserungen kann
Wunder bewirken. Der bewusst kräftiger formulierte Beitrag wird dann nicht
nur besser verstanden; er überzeugt mehr, weil er dadurch herausgehoben
wird. (Aus-Druck)
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Werden wir gedrängt, gehetzt und beim Redefluss unterbrochen: Ruhe
bewahren und nicht ebenfalls unterbrechen -Bei gleichförmigem
langatmigem Reden: Eindeutig Gegensteuer halten.
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Leute, die uns hetzen und unterbrechen,
bewirken meist den bekannten Effekt: Wir reden auch schneller und
übernehmen die Unterbrechungstaktik. Antizyklisches Verhalten heisst in
diesem Fall: Bewusst 'bremsen', längere Pausen einschalten, mehr
überlegen, mehr wiederholen. Zum roten Faden zurückkehren.
Freundlich signalisieren: 'Ich will weiterreden.' Überlange,
gleichförmige, monotone Beiträge dürfen hingegen mit kurzen
Fragen unterbrochen werden.
Das antizyklische Verhalten bedeutet hier das Gegenteil von
Lange -weile von Lang -fädigkeit,
d.h. wir reagieren gezielt mit kurzen
Unterbrechungen, mit kurzen Entgegnungen.
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Unfreundliches Benehmen begegne ich mit Freundlichkeit.
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In der Regel
weckt Unfreundlichkeit auch Unfreundlichkeit. Wer gehässigen Aussagen
bewusst freundlich (nicht überfreundlich oder mit ironischem Ton)
begegnet, handelt ebenfalls antizyklisch. Wer dieses Verhalten im Alltag
testet, wird feststellen, welche Wirkung dieses unerwartete Verhalten
auslöst.
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Bei Fragen:
Anstatt antworten, nachfragen.
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Viele haben während der Ausbildungszeit die
sogenannte 'Fragekultur' verlernt. Wir wissen zwar, dass derjenige führt,
der Fragen stellt. Dennoch wurden wir in unserem Kulturkreis jahrelang aufs
Antworten konditioniert. Es lohnt sich, bei Fragen ebenfalls bewusst mit
Fragen zu reagieren. Nur jene, die keine Fragen dulden ( bei autoritären
Kommunikationsmodellen) behaupten, Gegenfragen seien nicht erlaubt.
Wer die Antwort in eine geschickte Frage kleiden kann, handelt ebenfalls
antizyklisch.
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Wenn uns jemand auf den Pelz rückt: Distanz schaffen.
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Wird das Distanzverhalten unerwarteterweise verändert, irritiert dies.
Wenn wir spüren, dass uns jemand zu nahe kommt, dürfen wird dies
nicht übersehen und einfach so hinnehmen. Antizyklisch Verhalten
heisst: Entweder dafür sorgen, dass die angemessene Distanz gewahrt
wird u.U. sogar ansprechen. Wir sagen, dass....Oder wir können
auch nonverbal signalisieren, dass uns die Nähe stört.
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Das 'Themenwechselspiel' nicht mitspielen:
Beim Themenwechsel nicht 'mitspringen' - sondern, auf das Thema
zurückkommen.
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Wer kennt nicht jene Redner, die bewusst oder
unbewusst dauernd das Thema wechseln. Zuerst gilt es - wie bei allen
Verhaltensweisen - auch dieses Verwirrspiel wahrzunehmen.
Wir können Gegensteuer halten, indem wir
nicht auf dieses 'Wechsel - Spiel' eingehen, sondern das Gegenteil tun
d.h. immer wieder auf den roten Faden zurückkommen.
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